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Mehr MiCAR bitte

Von Prof. Dr. Philipp Maume | Aug 04, 2022
Am 30. Juni war es so weit. Die Europäische Kommission gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass der EU-Ratsvorsitz und das EU-Parlament eine vorläufige Einigung über den Vorschlag der Verordnung Markets in Crypto-Assets (MiCAR) erzielt haben. Einige Tage zuvor war bereits das sogenannte DLT-Pilotregime, das im März 2023 in Kraft treten soll, verabschiedet worden.
Foto_Editorial_RDi_08_2022_Philipp_Maume_WEBMan mag berufsbedingt zur Nörgelei neigen. Aber hier darf man der EU ein Kompliment aussprechen. Es ist gelungen, einem notorisch regulierungsaversen Markt ein Regelwerk zu geben, das bislang weltweit einmalig ist. Während sich die Verantwortlichen in den USA in Warnungen und politischen Debatten verheddern und die sonst so agile britische FCA sich in Schweigen hüllt, hat die scheinbar träge EU vorgelegt.

Man muss nicht mit jedem Detail zufrieden sein. Den Verfasser überzeugt das Zusammenspiel mit MiFID2 nicht und über die Implementierung der FATF-Travel Rule kann man durchaus geteilter Meinung sein. Auch lässt die Hängepartie rund um nachhaltige Konsensmechanismen für kommende Reformvorhaben nichts Gutes befürchten. Doch auch wenn es manch Kryptoenthusiast nicht hören will: unter dem Strich überzeugt das Ergebnis. Im Ausland hat man die Entwicklungen sehr genau verfolgt und es scheint jedenfalls nicht fernliegend, dass sich andere Kryptomärkte am MiCAR-Regime orientieren werden.

Und doch muss der eigentliche große Wurf noch kommen. Denn seien wir ehrlich – im Herzen ist MiCAR ein konservatives Stück Gesetzgebung. Die Kommission ist bei ihrem Entwurf bauernschlau vorgegangen. Ohne das Rad komplett neu zu erfinden, hat man bestehende Regeln aus der Prospekt-VO, der MiFID2 und der MAR leicht angepasst zweitverwertet, garniert mit ein paar neuen, genuinen „Kryptoregeln“. Konzeptionell wirklich neu sind nur die Vorschriften zu Stablecoins und deren Emittenten.

So wird es aber leider nicht weitergehen können. Bezeichnend ist, dass die MiCAR in ihrer jetzigen Fassung auf Non-Fungible Token und damit die derzeit heiße Nummer auf den Kryptomärkten nicht anwendbar ist. Auch die spezifischen Herausforderungen des Bitcoin werden nicht adressiert. Besonders schwer wiegt, dass DeFi im Wesentlichen ausgespart bleibt. Im geleakten Einigungsvorschlag finden sich zwar ein paar schüchterne Verweise darauf, dass Kryptodienstleistungen auch dezentral erbracht werden können. Ein konzeptioneller Ansatz fehlt aber.

Was wir brauchen, ist MiCAR2, und zwar schnell. Dabei wird man sich von althergebrachten Konzepten wie der Fokussierung auf Emittenten lösen müssen. Auch wird ernsthaft darüber zu reden sein, wie die immer noch nationale Aufsichtsstruktur mit echten dezentralen Ansätzen umgehen muss. Hier wird man mit Bauernschläue allein nicht weiterkommen.

Daher: Ein herzliches Willkommen, liebe MiCAR! Und es ist gewiss nicht Dein Fehler, dass Du nur eine Zwischenlösung bist.

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