Es kommt vor, dass vertraglich zwar eine freie Mitarbeiterschaft vereinbart ist, tatsächlich aber eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Nicht so bei einer Musikschullehrerin aus Berlin: Das dortige ArbG verneinte ein Arbeitsverhältnis. Der Frau durfte daher mit kurzer Frist gekündigt werden.
Das Land Berlin beschäftigt in seinen Musikschulen sowohl angestellte Lehrkräfte als auch freie Mitarbeitende. Die Musikschullehrerin arbeitete bereits seit 1999 für das Land. Die zugrunde liegenden Rahmenverträge wiesen ihre Tätigkeit als freie Mitarbeit aus – so auch der letzte Vertrag von 2022. Vereinbart war, dass die Mitarbeiterin auf Honorarbasis per Einzelauftrag Unterricht erteilt. Ort und Termin konnte sie laut Vertrag frei bestimmen, ebenso, wie sie die Stunden gestaltet und durchführt.
Mitte 2024 stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund fest, dass die Musikschullehrerin im Sinne des Sozialversicherungsrechts abhängig Beschäftigte des Landes Berlin sei. Der Bescheid ist noch nicht bestandskräftig. Im August 2024 kündigte das Land den Rahmenvertrag der Musikschullehrerin mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist zum 30. September 2024.
Die Musikschullehrerin will festgestellt haben, dass seit 1999 ein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin besteht. Anders als im Rahmenvertrag angegeben sei sie von Anfang an weisungsgebunden als Arbeitnehmerin beschäftigt und in den Betrieb der Musikschule eingegliedert gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis habe das Land Berlin nicht durch die Kündigung des Rahmenvertrags wirksam beenden können.
Kein (fortbestehendes) Arbeitsverhältnis
Das ArbG konnte ihr den Gefallen nicht tun: Es sah kein Arbeitsverhältnis und sich daher nicht zur Feststellung in der Lage, dass ein solches durch die Kündigung des Rahmenvertrags nicht beendet worden sei (Urteil vom 15.07.2025 – 22 Ca 10650/24). Vertraglich sei eindeutig eine freie Mitarbeit mit der Lehrerin geregelt gewesen. Dass die Zusammenarbeit sich tatsächlich anders dargestellt habe, war für das ArbG nicht ersichtlich.
Die Musikschullehrerin sei frei in der örtlichen, zeitlichen und inhaltlichen Erteilung des Musikunterrichts gewesen. Zwar habe sie die Räume der Musikschule nutzen können und das auch getan, eine Pflicht dazu habe es aber nicht gegeben. Anders als die in Arbeitsverhältnissen beschäftigten Musikschullehrkräfte sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, bestimmte Schülerinnen oder Schüler zu unterrichten. Sie habe frei wählen dürfen und eine Ablehnung nicht begründen müssen. Zwar möge es sein, dass sie wirtschaftlich abhängig von den Aufträgen der Musikschule gewesen sei, gestand das ArbG der Lehrerin zu. Das wollte das Gericht aber nicht als "wesentliche Beschränkung der persönlichen Unabhängigkeit" beurteilen. Schließlich habe sie jederzeit auch für andere Auftraggeber tätig werden können.
Für wesentlich hielt das ArbG auch, dass die Lehrerin die Unterrichtsinhalte frei bestimmen konnte und die Termine für die Stunden eigenständig mit den zu Unterrichtenden vereinbarte. Zu Klassenvorspielen der Musikschule habe die Lehrerin nicht kommen müssen – das habe sie freiwillig gemacht. Dasselbe gelte für Fortbildungen. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung hielt das ArbG für die arbeitsrechtliche Bewertung für nicht relevant.
Die Musikschullehrerin hat jetzt nur noch die Möglichkeit, das LAG Berlin-Brandenburg anzurufen (Urteil vom 15.07.2025 - 22 Ca 10650/24).
Aus der Datenbank beck-online
ArbG Freiburg, Arbeitnehmerstatus eines Musikschullehrers, BeckRS 2024, 41530
BAG, Beschäftigung einer Musikschullehrerin als Arbeitnehmerin und freie Mitarbeiterin, NZA 2017, 1463
BAG, Arbeitnehmerstatus eines Musikschullehrers, BeckRS 2017, 141064