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NZA Nachrichten

100.000 Euro für Jurastudenten: Was Niedriglohnarbeit wert ist

LAG München
Ein Mün­che­ner Ju­ra­stu­dent flog aus einem Gas­tro-Be­trieb raus – mut­ma­ß­lich, weil er einen Be­triebs­rat hatte grün­den wol­len. Hier­für erstritt er nun 100.000 Euro von sei­nem frü­he­ren Ar­beit­ge­ber. Das LAG Mün­chen räumt in sei­ner Ent­schei­dung auch mit ein paar Miss­ver­ständ­nis­sen der Bran­che auf.

Ein Teilurteil, mit dem das LAG München einem Jurastudenten umfangreichen Schadensersatz zusprach, nachdem dessen Arbeitgeber ihm wegen einer gescheiterten Betriebsrats-Initiative fristlos gekündigt hatte, sorgt seit Anfang dieser Woche für viel Diskussionen und Häme. Das ist verständlich, denn die Ausführungen des LAG München lesen sich in Teilen nicht nur wie eine "normale" Kündigungsschutzklage, sondern wie eine Abrechnung mit der Gastro-Szene und ihren Arbeitsbedingungen. Der Münchener Student konnte dabei erfolgreich unbezahlte Überstunden, Verzugslohn und Verdienstausfälle in Höhe von insgesamt etwa 100.000 Euro geltend machen. Zudem steht ihm nach dem Richterspruch eine persönliche Entschuldigung sowie eine Wiederaufnahme in die betriebliche WhatsApp-Gruppe zu (Teilurteil vom 16.04.2025 – 11 Sa 456/23, Teilurteil vom 04.06.2025 – 11 Sa 456/23).

Die Wahlversammlung im Münchener Traditionswirtshaus, auf welcher der Student eine Mitarbeitervertretung hatte errichten wollen, hätte sich kaum dramatischer abspielen können. Die Ehefrau des Geschäftsführers sei nach den Feststellungen des LAG Münchens "seit Tagen nur am heulen" gewesen und habe den Saal nur unter großem Tumult verlassen. Insgesamt habe die Führungsriege das Vorhaben als "anmaßend" empfunden, ein Betriebsrat sei überhaupt zu kostenintensiv. Man fürchtete um die Existenz der inzwischen knapp hundertjährigen Gaststätte und hatte auch erfolglos versucht, die Versammlung abzuwenden. Im Ergebnis konnte an diesem Tag kein Betriebsrat gewählt werden.

Unbezahlte Arbeitszeit und fehlende Nachtzuschläge

Am Ende wurde zwar kein Wahlvorstand gewählt, doch für den Studenten hatte die Aktion Konsequenzen: Im August 2021 – kurz nach der gescheiterten Wahl – wurde er nicht mehr in den Dienstplan eingeteilt, weil der Geschäftsführer, wie er laut den gerichtlichen Feststellungen erklärte, "kein Vertrauen mehr" in ihn habe. Im April 2022 forderte der Arbeitgeber ihn dann auf, seiner Arbeit wieder nachzugehen, woraufhin der Student von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machte: Er forderte sein Gehalt für die inzwischen verstrichenen Monate, ansonsten weigere er sich, zu arbeiten. Daraufhin kündigte die Geschäftsführung fristlos wegen vermeintlicher Arbeitsverweigerung.

Der Jurastudent klagte vor dem ArbG München gegen die Kündigung und forderte nicht nur das Gehalt von Ende 2021 ein, sondern teilweise auch aus den Vorjahren, in denen zusätzliche Anwesenheits- und Umkleidezeiten sowie branchenübliche Abends- und Nachtzuschläge nicht bezahlt worden seien. Da er in den Jahren 2020 und 2021 monatelang gar nicht beschäftigt worden sei, schulde der Arbeitgeber Annahmeverzugslohn für diese Zeit. Für das gesamte restliche Jahr ab April 2022 beantragte er ebenfalls Lohn – in Höhe von über 35.000 Euro. Zudem stünden ihm 53 Tage bezahlter Urlaub und eine erneute Einladung in die WhatsApp-Gruppe des Services zu, aus der er zwischenzeitlich entfernt worden war.

Niederlage vor dem Arbeitsgericht

Das ArbG München kassierte die fristlose Kündigung in der Tat, jedoch nicht, weil sie eine Strafe für die Betriebsratsinitiative gewesen sei, sondern weil es sie schlicht für unverhältnismäßig hielt – der Arbeitgeber hätte zuerst abmahnen müssen. Das Arbeitsverhältnis bestehe also noch, die Zahlungsansprüche wies es allerdings sämtlich ab. Der Student hätte genauer darlegen müssen, inwiefern er in den Jahren 2019 bis 2021 überhaupt Arbeit verrichtet habe – seine handschriftlichen Aufstellungen seien dafür nicht ausreichend. Für den Annahmeverzugslohn hätte er die Arbeit tatsächlich anbieten und das Wirtshaus jene verweigern müssen. Im Gegenteil folge aber aus dem Arbeitsvertrag nebst "Personalbogen für Aushilfen und Studenten", dass er im "Beschäftigtenstatus Student […] bis 450€" tätig sein sollte. Dass entgegen dieser gelebten Praxis etwa ein Arbeitsverhältnis auf Abruf bestanden hätte, sei nicht ersichtlich.

LAG bringt die vollständige Wendung

In der Berufung vor dem LAG verfolgte der Student sein Anliegen indes weiter – und stockte die Posten weiter auf. Ihm seien neben geleisteten Überstunden sowie sonst üblichen Zuschlägen auch das einbehaltene Gläsergeld sowie die Waschkosten für seine Arbeitskleidung von 2019 bis August 2021 zu ersetzen. Den Verzugslohn machte er nunmehr nicht nur für die Teile von 2020 und 2021 geltend, in denen ihm keine Arbeit zugeteilt wurde, sondern auch für die gesamten Folgejahre 2022 und 2023.

Das LAG München beurteilte die Sache gänzlich anders und gab der Berufung in weiten Teilen statt. So folgte es der Begründung nicht, dass der Student die geleisteten, aber unvergüteten Arbeitsstunden genauer hätte darlegen müssen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trugen die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden handschriftlich in Klammern in den Dienstplan ein, wobei laut einer Zeugin stets eine unbezahlte Anwesenheit vor Schichtbeginn erwartet worden sei.

Den einzelnen Ausführungen des Studenten hätte der Arbeitgeber hier substantiiert entgegentreten müssen, anstatt sie pauschal zu bestreiten, stellte das Gericht klar. Folglich seien diese unbezahlten Stunden nun mit dem jeweils geltenden Mindestlohn zu vergüten.

Berechnung des Annahmeverzugs anhand des Vorjahres

Dass das Arbeitsverhältnis durch seinen Charakter als geringfügige Beschäftigung begrenzt gewesen sei, war nach Ansicht des LAG ebenso nicht ersichtlich. Für die Bestimmung des Annahmeverzugslohns von 2020 könne mangels einer vereinbarten Höchststundenanzahl daher die tatsächlich praktizierte Arbeitszeit herangezogen werden. Hier hatte der Student im Jahr 2019 insgesamt 1092 Stunden – 21 Stunden wöchentlich – gearbeitet. Folglich sei der Arbeitgeber bereits in Annahmeverzug geraten, sobald er ihn nicht für 21 wöchentliche Stunden eingeteilt habe.

Grundsätzlich hätte es für einen Annahmeverzug zwar nicht nur eine fehlende Annahmebereitschaft, sondern auch ein tatsächliches Angebot des Arbeitnehmers gebraucht. Das sei in diesem Fall allerdings entbehrlich gewesen. Das flexible Arbeitszeitmodell habe dem Studenten durchaus ermöglicht, Tage anzugeben, an denen er nicht eingeteilt werden wollte; im Übrigen sei die Einteilung aber allein die Verantwortung des Arbeitgebers gewesen, der den Dienstplan insofern als verbindlich angesehen habe.

Der Annahmeverzugslohn berechne sich damit aus der Differenz zwischen den anhand des Jahres 2019 zu erwartenden 1.092 Stunden und der tatsächlich eingeforderten Arbeitsleistung im Jahr 2020. Das umfasse nicht nur die Vergütung nach dem jeweils geltenden Mindestlohn, sondern auch etwaigen Naturallohn – hier etwa Mitarbeiterrabatte auf Speisen und Getränke. Als "Leistung mit Entgeltcharakter" sei der Wert dieser Sachbezüge ebenfalls anzusetzen gewesen. Sie schlugen mit etwas über 35 Euro neben den eingeklagten 9.897,60 Euro für das Jahr 2020 zu Buche. Auch für das Jahr 2021 legte die Kammer die Stundenanzahl von 1.092 zugrunde und errechnete abzüglich der geleisteten bzw. eingeklagten Stunden einen Anspruch in Höhe von 14.614,20 Euro.

Schadensersatz für zwei volle Jahre – inklusive Trinkgeld

Mit insgesamt knapp 70.000 Euro ist der zugesprochene Schadensersatz für die Folgejahre 2022 und 2023 der größte Posten der Entscheidung. Das LAG stützte sie auf einen Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, da man – anders als die Vorinstanz – der Meinung war, dass die Kündigung eine direkte Folge der Betriebsrats-Initiative gewesen sei. Die Begründung der Kündigung mit dem vermeintlich fehlenden Vertrauen unterstreiche das.

Der Schaden für 2022 und 2023 umfasse den gesamten Verdienstausfall, wobei die Kammer von je 1.040 Stunden ausging. Neben die Vergütung nach Mindestlohn traten dabei wiederum die erwartbaren Zuschläge, entgangene Sachbezüge sowie auch entgangene Trinkgelder, die mit 100 Euro pro Schicht berechnet wurden.

Per Versäumnisurteil wurde sein ehemaliger Arbeitgeber außerdem verpflichtet, sich für die Begründung zu entschuldigen, der Student sei "mit einem Alter von 24 Jahren noch jung und hatte weder Kinder noch Unterhaltspflichten" (Urteil vom 04.06.2025 - 11 Sa 456/23). 

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