Syndikusrechtsanwältinnen und Syndikusrechtsanwälte arbeiten eigenverantwortlich und fachlich ungebunden. Das heißt aber nicht, dass es keinerlei Absprachen mit Vorgesetzten über Aufgaben und Entscheidungen geben darf. Gerade organisatorische Weisungen gemäß § 106 GewO griffen nicht in die fachliche Unabhängigkeit ein, hat das ArbG Frankfurt entschieden (Urteil vom 28.01.2025 - 24 Ca 5262/24).
Der zugrundeliegende Fall drehte sich um einen zugelassenen Syndikusrechtsanwalt, der bei einer Frankfurter Bank beschäftigt war. Seine Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, ein Tochterunternehmen der Bank in allen rechtlichen Angelegenheiten zu beraten. Zudem hatte er Sonderaufgaben übernommen. Nach einer Auszeit und einer Krankheit bat der Anwalt seinen Arbeitgeber darum, von den Sonderaufgaben entbunden zu werden. Diesem Wunsch entsprach der Arbeitgeber. Allerdings ordnete der Vorgesetzte an, dass bei bestimmten Tätigkeiten im Rahmen der Kreditvergaben Rücksprache mit ihm zu halten sei und seine Genehmigung eingeholt werden müsse. Zudem verpflichtete er den Mann, alle zwei Wochen an einem Jour-Fixe teilzunehmen.
Damit war der Syndikusrechtsanwalt überhaupt nicht einverstanden. Wegen der zusätzlichen Absprachen und dem Genehmigungsvorbehalt sah er sich in seiner fachlichen Weisungsunabhängigkeit beschränkt – in der Tat sei er nun nicht einmal mehr als Syndikusrechtsanwalt beschäftigt, befand er. Mit einer Klage vor dem ArbG Frankfurt verlangte er, die Bank möge ihn (wieder) als Syndikusrechtsanwalt beschäftigen und die Maßnahmen zurücknehmen. Zudem müsse der Arbeitgeber ein Schmerzensgeld zahlen, denn durch die Maßnahmen sei er – wohl wegen seiner Erkrankung – diskriminiert worden.
Organisatorische Weisungen greifen nicht in die Unabhängigkeit ein
Das sah das ArbG deutlich anders und wies die Klage vollständig ab. Denn im Gegensatz zur Auffassung des Mannes werde er vertragsgemäß bereits als Syndikusrechtsanwalt beschäftigt. Die Bank habe den Beschäftigungsanspruch also bereits erfüllt. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass bestimmte Entscheidungen des Syndikus nun dem Genehmigungsvorbehalt unterlägen. Sein Arbeitsverhältnis, so argumentierte das Gericht, sei weiterhin durch die Syndikustätigkeiten gemäß § 46 Abs. 3 bis 5 BRAO geprägt. Die Weisung, die Ausarbeitung bestimmter Verträge vom Vorgesetzten genehmigen zu lassen, führe nicht dazu, dass keine anwaltliche Tätigkeit mehr vorliege und die fachliche Weisungsunabhängigkeit nicht mehr bestehe.
Die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt, so das Gericht, erfordere keinen Ausschluss jeglichen Weisungsrechts eines Arbeitgebers. Dies zeige etwa der Vergleich mit einem selbstständigen Rechtsanwalt. Auch er sei im Rahmen seines Mandatsverhältnisses an Weisungen seines Mandanten gebunden. Einem Syndikusrechtsanwalt dürften keine fachlichen Vorgaben gemacht werden, wie er einen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen habe und grundsätzlich auch nicht, wie er diesen bearbeiten solle. Die Weisung der Rücksprache und Genehmigung bei bestimmten Tätigkeiten greife aber gerade nicht in seine fachliche Unabhängigkeit ein, da es sich um eine organisatorische Maßnahme bzw. Weisung im Sinne des § 106 GewO handele.
Eigenverantwortlichkeit bleibt unberührt
Dem Arbeitgeber verbleibe auch unter Berücksichtigung der §§ 46 Abs. 3 und 4 BRAO die Möglichkeit, organisatorische Vorgaben über den Ablauf betrieblicher Vorgänge zu machen und insbesondere Aufgaben und sachliche Kompetenzen zu vergeben, neu zu verteilen bzw. abzuändern. Die Weisung greife nicht in die fachliche Analyse ein, meint das Gericht. Denn der Syndikus gebe zunächst eine rechtliche Bewertung ab. Diese rechtliche Würdigung sei abgeschlossen, bevor der Vorgesetzte einen Vertragsschluss letztlich genehmige und erst dann weitere Arbeiten durchgeführt würden. Dadurch sei die Eigenverantwortlichkeit des Klägers nicht berührt.
Es sei insoweit arbeitsvertraglich von dem Weisungsrecht der Bank umfasst, bestimmte Aufgaben, auch bei einem Syndikusrechtsanwalt, von nicht-rechtlichen Voraussetzungen wie einer Genehmigung durch den zuständigen Vorgesetzten im Einzelfall abhängig zu machen oder die Aufgabe anderen Personen oder externen Anwältinnen und Anwälten zu übertragen.
Auch durch die Jour Fixes wurde nicht unzulässig in die Arbeitsweise des Anwalts, insbesondere seine fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit, eingegriffen, so das Gericht weiter. Diese seien, wie auch in Anwaltskanzleien, durchaus üblich und sinnvoll. Weil die Bank den Syndikusrechtsanwalt arbeitsvertraglich korrekt beschäftige, müsse sich das Gericht auch nicht mehr mit dem Anspruch auf Zahlung immateriellen Schadenersatzes gemäß § 15 AGG befassen.
Der Arbeitgeber als Mandant des Syndikusrechtsanwalts
Das Urteil des ArbG zeigt sehr deutlich auf, in welcher Stellung Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte sind. Sie sind Anwalt seines Mandanten, des Arbeitgebers. Der Mandant entscheidet dabei, wie er das Mandat gestaltet. Solange die fachliche Unabhängigkeit nicht angegriffen wird, der Syndikusrechtsanwalt also frei in seiner fachlichen Bewertung und Analyse und in der Erteilung seines Rats ist, solange handelt es sich um eine Syndikustätigkeit. Und wenn der Arbeitgeber, vertreten durch den Vorgesetzten, entscheidet, wie bestimmte Abläufe nach der fachlichen Beratung zu gestalten sind, dann ist dies nicht zu beanstanden.
Dass hier umfangreiche Arbeiten wie die Vertragsgestaltung von einer Genehmigung abhängig gemacht werden dürfen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies zeigt auch der Vergleich mit der niedergelassenen Rechtsanwältin, die auch erst dann bestimmte – auch kostenauslösende – Maßnahmen ausführen darf, wenn die Zustimmung des Mandanten vorliegt. Auch die Teilnahme an einem Jour-Fixe ist eine zulässige Weisung des Arbeitgebers, die auf keinen Fall in die inhaltliche Tätigkeit eingreift.
Kein Anspruch auf die immer gleiche Tätigkeit
Zudem darf der Arbeitgeber, auch dies sieht das ArbG Frankfurt richtig, dem Syndikusrechtsanwalt als Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts andere Syndikustätigkeiten in anderen Rechtsgebieten etc. zuweisen. Denn es gibt keine Garantie, als Syndikus immer die gleichen Tätigkeiten auszuüben.
Die meisten Arbeitsverträge der Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte sehen zudem vor, dass auch eine Tätigkeit außerhalb einer Syndikustätigkeit zugewiesen werden kann, wenn sich dies noch im Rahmen des Direktionsrechts hält, also eine zumutbare andere Tätigkeit ist. Wenn damit der Verlust der Syndikuszulassung verbunden ist, kommt es allerdings sehr genau darauf an, welche Tätigkeiten arbeitsvertraglich vereinbart waren. Denn aus der Tätigkeitsbeschreibung, die für die Zulassung erforderlich und Bestandteil des Arbeitsvertrags ist, ergibt sich doch schon eine Bindung an bestimmte Tätigkeiten. Das ArbG Frankfurt hat damit, soweit ersichtlich als erstes ArbG, sich mit Fragen der Abgrenzung zwischen weisungsfreier Syndikustätigkeit und der Mandatshoheit des Arbeitgebers befasst und für Klarstellungen gesorgt (zu ArbG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.01.2025 - 24 Ca 5262/24).
Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in Singen (Hohentwiel) und ehemaliger Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er veröffentlicht regelmäßig Fachbeiträge u.a. zu berufsrechtlichen Themen.