Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hatte seine langjährige Juristische Direktorin Susann Lange Ende 2022 mit dem Argument, ihr Arbeitsvertrag sei sittenwidrig gewesen, von ihrem Amt abberufen. Der RBB teilte ihr im Dezember 2022 mit, er erachte den Dienstvertrag für nichtig und die Zusammenarbeit für beendet, weil es sich bei dem vereinbarten Übergangsgeld um eine sittenwidrig überhöhte Regelung handele. Dadurch bestehe weder ein Anspruch auf dieses Übergangsgeld noch auf eine Altersversorgung nach Renteneintritt, so der RBB.
Lange hatte das Fortbestehen ihres Dienstvertrages geltend gemacht sowie Lohnfortzahlung und die Feststellung gefordert, dass ihr Übergangsgeld und Altersversorgung zustehen. Der RBB wiederum hatte mit einer Widerklage die Rückzahlung von ARD-Zulagen gefordert.
In der ersten Instanz hatte das ArbG Berlin den Dienstvertrag zwischen Lange und dem RBB noch als sittenwidrig und somit nichtig erachtet. Das LAG kam in seiner Entscheidung nun zu einem differenzierteren Ergebnis: Die Regelungen zum Übergangsgeld im Vertrag seien nicht sittenwidrig, der Vertrag nicht nichtig. Jedoch bestätigte das Gericht die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung durch den RBB aufgrund mehrerer Pflichtverletzungen Langes. Ihr Anspruch auf betriebliche Altersversorgung bleibe jedoch bestehen (Urteil vom 02.07.2024 - 7 Sa 1125/23).
RBB hat Zahlung des Übergangsgeldes selbst in der Hand
Das Übergangsgeld sollte für den Fall der Nichtverlängerung der auf fünf Jahre befristeten Zusammenarbeit in Höhe der Hälfte der vorherigen Vergütung ohne eine Gegenleistung Langes bis zum Renteneintritt gezahlt werden. Im Falle einer wirksamen fristlosen Kündigung oder einer Ablehnung der Verlängerung seitens der Juristischen Direktorin entfiel das Übergangsgeld laut Vertrag. Zeitgleich kündigte der RBB den Dienstvertrag mit Lange im Dezember 2022 wegen diverser Vorwürfe gegen die Direktorin fristlos.
Die Vereinbarung über das Übergangsgeld sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, so das LAG. Der RBB habe es nach der Vertragsgestaltung in der Hand, den befristeten Vertrag selbst zu verlängern und die Zahlung des Geldes zu vermeiden.
Die fristlose Kündigung sei wirksam, weil Lange mehrfach ihre Pflichten verletzt habe, etwa weil sie nicht vor rechtlichen Risiken gegenüber der vormaligen Intendantin Patricia Schlesinger gewarnt habe. Die betriebliche Altersversorgung bliebe trotz der fristlosen Kündigung bestehen, da kein Extremfall vorliege, der eine Ausnahme des Grundsatzes rechtfertige, dass während des laufenden Arbeitsverhältnisses erdiente Versorgungsanwartschaften auch im Falle einer vorzeitigen Beendigung erhalten blieben.
Anlässlich der Übernahme des ARD-Vorsitzes durch den RBB veranlasste Lange eine Vertragsergänzung, wonach ihr eine monatliche ARD-Zulage von 1.700 EUR brutto zustand. Diese Zulage muss sie jedoch zurückzahlen. Es sei für sie erkennbar gewesen, "dass die zugrundeliegende vertragliche Regelung nicht nach dem dafür vorgesehenen Verfahren mit dem Verwaltungsrat des RBB abgestimmt gewesen sei.", so das LAG. Für Familienzuschläge hingegen konnte das Gericht keinen unberechtigten Bezug eindeutig feststellen, weshalb die Juristin diese nicht zurückzahlen müsse.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Hiergegen können beide Parteien Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht erheben (Urt. v. 4.4.2024 - 5 Sa 894/23).