Bahnkundinnen und -kunden können Gewerkschaften wie der GDL keine Streikmaßnahmen gerichtlich untersagen lassen. Ohne absehbare Folgestreiks fehle es an der Wiederholungsgefahr und ein Recht auf Beförderung gegenüber der Gewerkschaft gebe es ohnehin nicht, meint das LAG Hessen (Beschluss vom 14.07.2025 – 10 Ta 500/25).
Während eines Streiks der GDL im November 2023 hatte ein Bahnkunde endgültig genug: Er beantragte per einstweiliger Verfügung, dass die GDL den Streik auf bestimmten S-Bahnlinien unterlassen sollte. Auch wollte er einige Beteiligte des Bahnunternehmens verpflichten, einen Ersatzverkehr einzurichten bzw. den Fernverkehr aufrechtzuerhalten. Das ArbG Frankfurt a.M. wies das Anliegen zurück – der Kunde habe "offensichtlich" keinen Unterlassungsanspruch. Von den Streikmaßnahmen sei er als Dritter nur reflexartig betroffen.
Daraufhin legte der Mann sofortige Beschwerde sowie mehrere Befangenheitsanträge und Gehörsrügen ein, die jedoch allesamt keinen Erfolg hatten. Auch vor dem LAG Hessen kam der Kunde nicht weiter, sein Antrag wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Streik verletzt Kunden nicht in seinen Rechten
Die 10. Kammer des LAG führte aus, dass es für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB) bereits an einer Wiederholungsgefahr fehle. Derzeit – jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Juli 2025 – sei kein weiterer Streik der GDL geplant. Aus dem gleichen Grund könnten auch bestimmte Beteiligte von Bahnunternehmen nicht darauf in Anspruch genommen werden, Linien weiter zu betreiben bzw. den Fernverkehr aufrecht zu erhalten.
Außerdem sei der Kunde durch den Streik auch gar nicht in seinen Rechten verletzt, so das LAG. Die Möglichkeit, den S-Bahn-Verkehr in Anspruch zu nehmen, sei kein "sonstiges Recht", das durch § 823 BGB geschützt werde. Der Streik greife daher nicht in seine Rechte ein, sondern wirke sich vielmehr als Reflex auf diese aus. Dass bei einem Bahnstreik eine Vielzahl an Kundinnen und Kunden betroffen sei, sei zwar in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit eines Streiks einzustellen – ein subjektives Recht vermittle das aber nicht.
Rechtswegrüge schadet nicht
Der Kunde hatte außerdem geltend gemacht, das ArbG habe verfahrensfehlerhaft und entgegen § 17 Abs. 3 GVG im Abhilfeverfahren nicht vorab über den Rechtsweg entschieden. Auch insoweit sei sein Vorbringen jedoch unbegründet, so das LAG.
Die Vorschrift besagt, dass ein Gericht die Zulässigkeit des Rechtsweges vorab zu prüfen hat, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Eine Vorabentscheidung sei hier zwar nicht gefallen, allerdings sei die Rüge auch erst nach der Entscheidung in der Hauptsache erhoben worden, erklärten die Richterinnen und Richter. Nach dem ersten Beschluss des ArbG sei das einstweilige Verfügungsverfahren zunächst abgeschlossen gewesen. Ohne eine entsprechende Rüge hätte das Vorabverfahren nicht früher eingeleitet werden müssen.
Der nachträgliche Antrag – gemeinsam mit der sofortigen Beschwerde – ändere daran nichts. § 17a Abs. 5 GVG schreibe ausdrücklich vor, dass ein Gericht die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht prüfe, wenn es über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheide. Das gelte auch dann, wenn dasselbe Gericht zur Hauptsache bereits entschieden und dabei seine eigene Zuständigkeit angenommen habe.
Mit der sofortigen Beschwerde müsse das befasste ArbG zwar erneut über die Sache entscheiden, über den Rechtsweg sei indes bereits entschieden. Das Abhilfeverfahren sei gerade Teil des Beschwerdeverfahrens – und nicht mehr des ersten Rechtszuges. Laut der dafür maßgeblichen Vorschrift – § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO – könne eine sofortige Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass ein Gericht seine Zuständigkeit nur zu Unrecht angenommen habe. Die Kammer sah keinen Grund, dies für die Frage des Rechtswegs anders zu beurteilen (Beschluss vom 14.07.2025 - 10 Ta 500/25)