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Bei Ausfall der Kanzleisoftware muss beA-Webanwendung genutzt werden

LAG Baden-Württemberg
Will ein An­walt eine Be­ru­fungs­schrift per beA über­mit­teln, fällt aber seine Kanz­lei­soft­ware aus, muss er zu­nächst ver­su­chen, die Schrift über die beA-Web­an­wen­dung zu über­mit­teln, so das LAG Baden-Würt­tem­berg. Es ver­sag­te eine Wie­der­ein­set­zung nach ver­pass­ter Be­ru­fungs­frist.

In einem Abmahnungsstreit hatte der Anwalt des Arbeitnehmers per beA Berufung eingelegt, allerdings war die Frist bereits abgelaufen. Nach einem entsprechenden Hinweis des LAG beantragte der Anwalt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er machte technische Probleme geltend, die ihn an einer fristgerechten Einreichung gehindert hätten: Als er die Berufungsschrift am letzten Fristtag, einem Freitag, gegen 17 Uhr habe versenden wollen, hätten Fehlermeldungen angezeigt, dass eine beA-Übermittlung derzeit nicht möglich sei.

Der IT-Administrator sah das Problem bei der Kanzleisoftware, ein Update sei nötig, das könne aber erst am Montag aufgespielt werden. Beim anschließenden Versuch, die Berufungsschrift über das BRAK-Portal zu versenden, habe es dann einen "Totalabsturz" des EDV-Systems gegeben. Damit sei auch kein Online-Faxversand mehr möglich gewesen. Gegen 18 Uhr habe er noch einmal versucht, den Administrator zu erreichen, aber ohne Erfolg. Am Montag habe der Administrator dann EDV und Internet wiederhergestellt und das Update aufgespielt.

Der Vortrag überzeugte das LAG-Baden-Württemberg nicht. Es verwarf die Berufung wegen Fristversäumung als unzulässig (Beschluss vom 10.04.2025 - 2 Sa 8/25). Eine Wiedereinsetzung sei mangels Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumung nicht zu gewähren. Das LAG bezweifelte bereits eine ausreichende Darlegung des Ausfalls der Kanzleisoftware, ließ das aber offen, da es daran jedenfalls hinsichtlich des "Totalabsturzes" des EDV-Systems fehle. Denn wodurch der Absturz verursacht worden und wie das Problem behoben worden sei, werde nicht geschildert.

Bei Ausfall nur der Kanzleisoftware muss zunächst beA-Webanwendung genutzt werden

Das war laut LAG aber erforderlich, denn die - unterstellte - hinreichende Darlegung eines unverschuldeten Ausfalls der Kanzleisoftware genüge nicht. Denn falle "nur" die Kanzleisoftware aus, müsse der Anwalt zunächst die beA-Webanwendung nutzen, so das LAG. Es verweist darauf, dass nach der h.M. dann nicht einmal die elektronische Übermittlung vorübergehend technisch unmöglich im Sinn des § 46g S. 3 ArbGG sei, der eine (vorrangige) Ersatzeinreichung erlaubt. Das LAG teilt diese Ansicht. Zwar müsse kein zweiter elektronischer Übermittlungsweg als Reserve vorgehalten werden; auf die beA-Webanwendung habe aber sowieso jede Anwältin und jeder Anwalt Zugriff. Sie sei außerdem kein separater sicherer Übermittlungsweg, sondern ermögliche nur die beA-Nutzung ohne zusätzliche Kanzleisoftware.

Im vorliegenden Fall habe der Anwalt nach seinem Vortrag zwar versucht, die Berufung über die beA-Webanwendung zu versenden. Allerdings fehlten nähere Ausführungen zum "Totalabsturz", sodass nicht auszuschließen sei, dass er das Scheitern des Versuchs verschuldet hat. Scheide aber eine Ersatzeinreichung aus, wenn nur ein Ausfall der Kanzleisoftware dargelegt sei, komme erst recht keine Wiedereinsetzung in Betracht, so das LAG. Drohe eine Fristversäumung, müsse auch ein anderer Übermittlungsweg versucht werden, wenn er sich aufdränge und wenig Aufwand mache. Das sei bei der beA-Webanwendung der Fall. Aufgrund der unzureichenden Darlegungen zum "Totalabsturz" könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Anwalt die nicht erfolgte Ersatzeinreichung per Online-Fax verschuldet habe (Beschluss vom 10.04.2025 - 2 Sa 8/25). 

 

    Aus der Datenbank beck-online

    Biallaß, Die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung, NJW 2023, 25

    Müller, Keine Wiedereinsetzung bei anwaltlichem Organisationsverschulden, RDi 2022, 39

    Siegmund, Die Pflicht zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten, NJW 2021, 3617

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