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Urlaub, Attest, Zweifel: Wenn die Krankmeldung ins Wanken gerät

BAG
Auf­grund wie­der­hol­ter Krank­schrei­bun­gen eines Ar­beit­neh­mers wäh­rend des Ur­laubs ver­wei­gert der Ar­beit­ge­ber ihm die Ent­gelt­fort­zah­lung. Zu Recht? Zu­min­dest, so das BAG, könne den Ar­beit­neh­mer in einem sol­chen Fall die volle Dar­le­gungs- und Be­weis­last für seine krank­heits­be­ding­te Ar­beits­un­fä­hig­keit tref­fen.

So könnten auch Umstände, die für sich betrachtet unverfänglich sind, in der Gesamtschau den Beweiswert einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Insoweit gelten laut BAG die gleichen Grundsätze wie bei einer in Deutschland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Urteil vom 15.01.2025 – 5 AZR 284/24).

Ein Arbeitnehmer arbeitete seit 2002 als Lagerarbeiter bei derselben Arbeitgeberin. Kurz vor Ende seines Urlaubs in Tunesien im Sommer 2022 informierte er die Arbeitgeberin per E-Mail darüber, dass er von einem ortansässigen Arzt arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei. Er könne deswegen erst verspätet zurückreisen. Einen Tag später buchte er die Rückreise nach Deutschland zu dem Termin, mit dem die Krankschreibung endete. Zurück in Deutschland legte er eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines deutschen Arztes vor.

Die Arbeitgeberin verweigerte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, da sie Zweifel hegte, dass der Lagerarbeiter wirklich arbeitsunfähig erkrankt war. Dieser forderte die Zahlung daraufhin gerichtlich ein und bekam in zweiter Instanz Recht. Doch dieses Urteil hatte keinen Bestand. Das BAG hob es auf.

Zweifel bei Gesamtbetrachtung der Umstände berechtigt

Zwar hätten ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen grundsätzlich den gleichen Beweiswert wie deutsche – vorausgesetzt sie ließen erkennen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Das LAG habe jedoch die Zweifel der Arbeitgeberin am Beweiswert der Bescheinigung nicht ausreichend in einer Gesamtschau bewertet.

So habe der tunesische Arzt dem Arbeitnehmer 24 Tage Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, ohne eine Wiedervorstellung anzuordnen. Weiter habe der Lagerarbeiter bereits einen Tag nach der attestierten Notwendigkeit häuslicher Ruhe und des Verbots, sich zu bewegen und zu reisen, ein Fährticket für die Rückreise nach Deutschland gebucht; Termin sei ein Tag vor Ende der attestierten Arbeitsunfähigkeit gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei er dann auch tatsächlich zurückgereist. Hinzu komme, dass er bereits in den Jahren 2017 bis 2020 dreimal unmittelbar nach seinem Urlaub Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe. Das alles habe das LAG nur isoliert betrachtet und daher für unverfänglich erachtet. Es sei aber eine Gesamtschau vorzunehmen – und die begründe ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, unterstreicht das BAG.

Die Folge: Nunmehr trage der Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG. Da das LAG – aus seiner Sicht konsequent – hierzu keine Feststellungen getroffen hat, verwies das BAG die Sache insoweit zurück (Urteil vom 15.01.2025 - 5 AZR 284/24). 

 

Aus der Datenbank beck-online

Broll, Schutz vor Missbrauch im System der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, NZA-RR 2024, 633

ArbG Mainz, Urteil vom 14.07.2022 – 11 Ca 188/22, BeckRS 2022, 35342

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