Ein Manager, der für einen Automobilzulieferer jahrelang fast nur im Homeoffice arbeitete, darf dies auch weiterhin tun. Das LAG Köln hält den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis, verbunden mit der Versetzung an einen 500 km entfernten Arbeitsplatz, für unbillig.
Ein heute 55-jährige Projektmanager arbeitete mit Einverständnis seiner Arbeitgeberin seit drei Jahren zu 80% im Homeoffice und bei den Kunden des Automobilzulieferers. Laut Arbeitsvertrag bezog sich sein Einsatzort je nach Projekt aber auf die gesamte Unternehmensgruppe, die von verschiedenen deutschen Standorten aus operierte. Als sein Heimatstandort geschlossen wurde, widerrief die Firma seine Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten und versetzte sie ihn (hilfsweise per Änderungskündigung) an einen anderen Standort in 500 km Entfernung.
Dies lehnte der Arbeitnehmer ab, bot aber an, weiter im Homeoffice zu arbeiten. Die Versetzung hielt er für unzumutbar, da es ihm aus privaten Gründen nicht möglich sei, seinen Lebensmittelpunkt so kurzfristig zu verlagern. Das ArbG gab der Klage des Mannes gegen die Versetzung sowie gegen die hilfsweise erklärte Änderungskündigung statt.
"Erhebliches Bestands- und Ortsinteresse" des Angestellten
Die Entscheidung hielt auch beim LAG Köln (Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23). Die Versetzung des Projektmanagers von seinem Homeoffice-Arbeitsplatz an den 500 km entfernten Präsenzarbeitsplatz überschreite die Grenzen des billigen Ermessens nach § 106 GewO (Weisungsrecht des Arbeitgebers). Der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis sei nicht durch überwiegende "sachliche Interessen" der Arbeitgeberin gerechtfertigt, so die Kritik der Kölner Richterinnen und Richter.
Der Manager habe ein "erhebliches Bestands- und Ortsinteresse", da er über Jahre hinweg im Homeoffice gearbeitet habe und "familiär, logistisch, im Freundeskreis" gebunden sei. Seine Darlegung, dass der Kontakt zu Kundinnen und Kunden zur Erfüllung dieser Aufgaben projektbezogen bei diesen vor Ort geschehe und zwar überwiegend per Telefon und Computer, sei vom Zulieferer nicht konkret bestritten worden. So sei nicht klar, welche Tätigkeiten anfielen, die eine Anwesenheit im Betrieb notwendig oder auch nur zielführend erschienen ließen.
Die hilfsweise Änderungskündigung ist laut OLG ebenfalls unwirksam, weil sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 KSchG bedingt sei. Eine unternehmerische Organisationsentscheidung hinsichtlich der Homeoffice-Tätigkeit, die den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis rechtfertigen könne, sei schon nach dem Vortrag der Arbeitgeberin nicht ersichtlich (Urteil vom 11.07.2024 - 6 Sa 579/23).
Aus der Datenbank beck-online
Felz, Aktuelle Rechtsprechung zum Home-Office, ARP 2024, 246
LAG Berlin-Brandenburg, Homeoffice – Änderungskündigung, BB 2021, 2231 (mit Anmerkung von Raif, ArbRAktuell 2021, 329)