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Regelaltersgrenze überschritten: Bewerber musste nicht mehr eingeladen werden

LAG Hamm
Ein 67-jäh­ri­ger Schwer­be­hin­der­ter be­wirbt sich und er­hält dann keine Ein­la­dung, weil der Job an eine we­sent­li­che Jün­ge­re geht? Das soll laut LAG Hamm im Sinne der Ge­ne­ra­tio­nen­ge­rech­tig­keit auch bei einem öf­fent­li­chen Ar­beit­ge­ber zu­läs­sig sein. Eine AGG-Ent­schä­di­gung könne er nicht ver­lan­gen.

Ein 67-Jähriger mit Schwerbehinderung bewarb sich 2023 um eine Stelle als "Sachbearbeiter/in für die Verwaltung der A (m/w/d)" in Vollzeit (39 Wochenstunden). Weil der ausgebildete Großhandelskaufmann – als einziger aller 24 Bewerber – die Regelaltersgrenze überschritten hatte, zog er den Kürzeren und wurde nicht eingeladen. Den Jobzuschlag erhielt eine 1976 geborene Frau. Er vermutete eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung. Die Behörde, die sich die Förderung jüngeren Personals auf die Fahne schrieb, hielt die Ablehnung eines Bewerbers im Rentenalter hingegen grundsätzlich für berechtigt: Bei der ausgeschriebenen Stelle habe es sich um eine dauerhaft zu besetzende Stelle gehandelt.

Unter Verweis auf einen Verstoß gegen § 165 Satz 3 SGB IX (Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber) verlangte der Mann gleichwohl von der Gemeinde eine Entschädigung in Höhe von über 8.000 Euro. Das ArbG Bochum lehnte einen Anspruch ab, da der 67-jährige Bewerber nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Vielmehr sei die Nichteinstellung wegen des Überschreitens der Regelaltersgrenze und des Rentenbezugs erfolgt.

Verjüngung der erwerbstätigen Bevölkerung als legitimes Ziel

Das LAG Hamm schloss sich den Ausführungen des ArbG an (Urteil vom 06.08.2024 – 6 SLa 257/24). Dass der Bewerber mit seinen 67 Jahren nicht mehr eingeladen werden musste, gelte unabhängig von seiner Schwerbehinderung. Nach Ansicht der obersten Arbeitsrichterinnen und -richter NRWs war die Kommune berechtigt, ihn aufgrund des Alters im Sinne der Generationengerechtigkeit nicht mehr einzustellen und nicht zum Vorstellungsgespräch einzuladen, da eine jüngere qualifizierte Bewerberin zur Auswahl stand. Insoweit bestehe auch kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Absatz 2 AGG.

Zwar sei der persönliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet. Der Entschädigungsanspruch sei form- und fristgerecht geltend gemacht worden. Dennoch liege kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG vor, da der Mann schließlich weder wegen seines Alters noch seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Die unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Alter sei nach § 10 AGG zulässig, so das LAG weiter. So habe die Kommune das legitime Ziel verfolgt, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen und jüngere Mitarbeiter zu fördern. Eine unzulässige Benachteiligung wegen einer Behinderung liege ebenfalls nicht vor, da die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch nicht wegen der Behinderung, sondern wegen des Alters erfolgte.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung, unter anderem mit Blick auf eine gegenteilige Entscheidung des LAG Niedersachsen, vom LAG Hamm zugelassen (Urteil vom 06.08.2024 - 6 SLa 257/24). 

 

Aus der Datenbank beck-aktuell

BAG, Entschädigung wegen (vermeintlicher) Altersdiskriminierung, NZA 2022, 1401 (mit Anmerkung von Reidel, öAT 2022, 209)

LAG Niedersachsen, Altersdiskriminierung bei Ablehnung der Bewerbung eines Altersrentners, öAT 2018, 214

BAG, Kündigung im Kleinbetrieb – Altersdiskriminierung, NZA 2015, 1380 (mit Anmerkung von Bauer, FD-Arbeitsrecht 2015, 371354)

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