Beim BAG in Erfurt landen jährlich Hunderte Fälle, allein 2023 waren es 1.391 Revisionen, Rechtsbeschwerden und Nichtzulassungsbeschwerden. Jetzt feiert das höchste deutsche Arbeitsgericht seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass bescheinigte BVerfG-Präsident Stephan Harbarth ihm ein "wichtiges Wächteramt".
Die Entscheidungen der BAG-Richter seien wichtig für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland, sagte Harbarth bei einem Symposium zum Jubiläum des Gerichts. Durch die gravierenden Veränderungen in der Arbeitswelt, die sich derzeit nicht nur durch die Digitalisierung vollzögen, würden die Herausforderungen im Arbeitsrecht weiter steigen, meint Harbarth. Die Verlegung des Sitzes des BAG vor 25 Jahren vom hessischen Kassel in die Thüringer Landeshauptstadt stehe auch dafür, dass sich die Ostdeutschen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit der friedlichen Revolution 1989 erkämpft hätten.
Lilian Tschan, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, sagte, das BAG habe das Arbeitsrecht immer wieder auf den Prüfstand gestellt und darauf hingewiesen, welche Lücken der Gesetzgeber – bewusst oder unbewusst – gelassen habe. Das BAG habe Rechtsgeschichte geschrieben, beispielsweise mit dem Streikrecht oder der Pflicht zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Die starke und eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit sei ein hohes Gut in Deutschland.
Die Präsidentin des BAG, Inken Gallner, verwies darauf, dass das Arbeitsrecht immer stärker von Europarecht durchzogen sei. Sie verwies unter anderem auf Entscheidungen zum Urlaubsrecht oder zu den Rechten von Leiharbeitern. Die Entscheidungen des EuGH ließen den EU-Mitgliedsstaaten bei ihrer Umsetzung jedoch die nötige "Luft zum Atmen". Für dieses Jahr hatte Gallner Grundsatzentscheidungen des BAG unter anderem zur Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in Teil- und Vollzeit bei Mehrarbeitszuschlägen angekündigt.