Eine Stellenanzeige ist im Gesamtzusammenhang zu würdigen. Wird das Arbeitsumfeld als jung und dynamisch beschrieben, erkennt der Durchschnittsleser laut LAG Mecklenburg-Vorpommern, dass für den Arbeitsplatz geworben wird – und niemand wegen seines Alters als Bewerber ausgeschlossen werden soll.
Ein Tankstellenpächter suchte einen weiteren Angestellten für sein Verkaufsteam. Zu der Zeit beschäftigte er neun Mitarbeiter, von denen vier um die sechzig und vier um die vierzig Jahre alt waren. Eine Aushilfe war neunzehn Jahre alt. Er inserierte: "Wir sind ein junges und dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung." Anschließend formulierte er die konkreten Anforderungen an die Bewerber und ging näher auf Gehalt und andere Arbeitsbedingungen ein. Der Kläger, 50 Jahre alt, bewarb sich erfolglos. Statt seiner wurde ein 48-jähriger Mann eingestellt. Anschließend forderte er eine Entschädigung, weil die Stellenanzeige eine Altersdiskriminierung enthalte. Außerdem verlangte er eine Entschädigung wegen Verletzung des Datenschutzgesetzes, weil der Pächter ihm nicht mitteilte, ob er seine personenbezogenen Daten verarbeitet hatte. Seine Klage vor dem ArbG Rostock war genauso erfolglos wie seine Berufung vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern.
Die Richterinnen und Richter des LAG (Urteil vom 17.10.2023 – 2 Sa 61/23) sahen keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach den §§ 1 und 7 Abs. 1 AGG. Zwar sei er Bewerber im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG – unabhängig davon, ob die Bewerbung ernst gemeint war oder nicht. Der Text der Ausschreibung habe aber keine Anforderung formuliert, die den Interessenten wegen seines Alters von einer Bewerbung hätte abhalten sollen. Vielmehr sei es eine werbende Eigendarstellung, die dazu habe einladen sollen, sich als weiteres Mitglied dazu zu gesellen.
"Junges und dynamisches Team mit Benzin im Blut" ist witzige Beschreibung
Die Ausschreibung sei an eine Vielzahl von potenziellen Bewerbern gerichtet gewesen und an dem Verständnis des durchschnittlichen Lesers auszulegen. Danach liege – wie auch schon das ArbG Rostock festgestellt habe – eine "überspitzte, ironische, nicht ernsthaft gemeinte, in der Form eines Werbeslogans gehaltene Beschreibung des Arbeitsumfeldes" vor. Die Richterinnen und Richter des LAG lehnten es ab, einzelne Begriffe wie "jung" herauszupicken und für sich selbst zu werten. Vielmehr sei der Satz insgesamt und in seinem Standort in der Anzeige zu würdigen. Die konkreten Anforderungen an die Bewerber seien in einem gesonderten Absatz sachlich und klar beschrieben worden.
Allein der Verstoß gegen das Datenschutzgesetz löst nach Ansicht des LAG noch keinen Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO aus. Der Kläger müsse darlegen, dass ihm ein Schaden durch den Verstoß entstanden sei. Dafür spreche der Wortlaut der Norm, der die Haftung nur für den durch den Verstoß verursachten Schaden zuspreche. Außerdem handele es sich hier nicht um einen sogenannten Strafschadensersatz wie in Art. 83 oder Art. 84 DS-GVO, die der zuständigen Behörde vorbehalten sei (Urt. v. 17.10.2023 - 2 Sa 61/23).
Aus der Datenbank beck-online
EuGH, Kein immaterieller Schadensersatz bei bloßem Verstoß gegen die DS-GVO, NJW 2023, 1930
Fuhlrott/Oltmanns, Immaterieller Schadensersatz wegen Datenschutzverstoß: Höhe und Bemessungsfaktoren, ArbRAktuell 2020, 565
v. Roetteken, Unionsrechtliche Aspekte des Schadensersatzes und der Entschädigung bei Diskriminierungen, NZA-RR 2013, 337