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Fachanwaltstitel: Geringere Gewichtung von Serienfällen zulässig

BGH
Reicht ein Rechts­an­walt für den Er­werb des Fach­an­walts­ti­tels eine Reihe von ähn­li­chen Fäl­len ein, muss die Kam­mer diese wegen gro­ßer Sach­nä­he nicht voll an­rech­nen. Das hat der BGH ent­schie­den und damit die Ver­wei­ge­rung eines Fach­an­walts­ti­tels für IT-Recht be­stä­tigt.

Ein seit 2011 zugelassener Rechtsanwalt wollte 2018 Fachanwalt für Informationstechnologierecht werden. Seine Rechtsanwaltskammer lehnte dies gut drei Jahre später ab, da er im Fachgebiet "Informationstechnologierecht" die nach § 5 Abs. 1 Buchst. r Fachanwaltsordnung (FAO) erforderlichen praktischen Erfahrungen nur unzureichend habe nachweisen können: Sie wertete einen Ausgangsfall voll, stufte die anschließenden 15 Fälle dann aber im Verhältnis dazu wegen großer Ähnlichkeit ab. Dies hatte zur Folge, dass es sich bei lediglich 7,4 der von dem Anwalt aufgeführten Fälle um rechtsförmliche Verfahren mit Bezug zu den in § 14 Buchst. k FAO genannten Bereichen handelte. Widerspruch und Klage beim Anwaltsgerichtshof Hamburg führten nicht zum Ziel.

Der Senat für Anwaltssachen folgte dem und lehnte den Antrag des Anwalts auf Zulassung der Berufung ab (Beschluss vom 20.10.2023 – AnwZ (Brfg) 28/23). Eine Mindergewichtung bei Wiederholungsfällen nach § 5 Abs. 4 BRAO, die eng miteinander verknüpft sind, hielt der BGH hier für gerechtfertigt. Denn (Ausgangs-)Fall 1 und alle übrigen Fälle hätten sich nicht wesentlich unterschieden. Es handele sich jeweils um unverlangt zugesandte Werbe-E-Mails, bei denen sich immer wieder dieselben rechtlichen Fragen stellten (vor allem das "Double-Opt-In", die Bestätigung der Eintragung auf einem Verteiler und die Impressumspflicht nach Telemediengesetz).

BGH: Eigenständige Lebenssachverhalte sprechen nicht dagegen

Entgegen der Auffassung des Anwalts scheide die Bewertung als Serienfälle nicht bereits dann aus, wenn es sich um eigenständige Lebenssachverhalte handele. Serienfälle könnten, so die Karlsruher Richterinnen und Richter, je nach Fallgestaltung unterschiedliche Fälle sein, aber – bei einem einheitlichen Lebenssachverhalt – auch nur einen einzigen Fall darstellen. Dagegen spreche auch nichts, wenn verschiedene Mandanten vertreten wurden und unterschiedliche Gegner betroffen waren oder – wie hier – 16 Fälle innerhalb eines Zeitraums von 17 Monaten bearbeitet wurden. Auch aus dem Umstand, dass ein Fall sich über mehrere Instanzen erstrecke – wie hier bei vier Fällen –, folge keine zwingend höhere Gewichtung (Beschl v. 20.10.2023 – AnwZ (Brfg) 28/23). 

Aus der Datenbank beck-online

Dahns, Gewichtung von Fällen eines Antragstellers, NJW-Spezial 2023, 126

BGH, Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Medizinrecht", NJOZ 2019, 1260

BGH, Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen für Verleihung eines Fachanwaltstitels, NJOZ 2018, 74

BGH,  Gewichtung von Fallzahlen für Fachanwaltstitel, NJW 2013, 1599

BGH, Erwerb des Fachanwaltstitels: Auch nichtstreitige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zählen als rechtsförmliche Verfahren, ErbR 2009, 313

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