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Zwangsgeld nach Vergleich: Kein Arbeitszeugnis ohne Briefkopf

LAG Berlin-Brandenburg
Ist der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, ein qua­li­fi­zier­tes Ar­beits­zeug­nis zu er­tei­len, muss er es auf sei­nem Fir­men­bo­gen er­stel­len und darf nicht den Ein­druck er­we­cken, nur den Ent­wurf eines Drit­ten zu über­neh­men. An­sons­ten ge­nügt das Zeug­nis nach An­sicht des LAG Ber­lin-Bran­den­burg nicht den for­mel­len An­for­de­run­gen nach § 109 GewO.

Eine Arztpraxis trennte sich von einer Mitarbeiterin in einem Kündigungsschutzprozess per Vergleich. Dieser sah unter anderem vor, dass sie unter dem Datum des Ausscheidens ein qualifiziertes wohlwollendes Zeugnis erhalten sollte. Wie vereinbart sendete sie dem Geschäftsführer (einem Facharzt auch für Männerheilkunde) einen Zeugnisentwurf zu, der ggf. geändert verwendet werden sollte. Letztendlich erhielt sie ein Zeugnis nach diesem Entwurf, dem wurde aber hinzugefügt: "im Auftrag des Arbeitsgerichts, Berlin 15.5.2023". In der letzten Zeile war vermerkt, dass das Zeugnis durch die Rechtsanwältin A, die Bevollmächtigte der Arbeitnehmerin, erstellt worden war. Das Schreiben war nicht mit dem Briefkopf der Praxis versehen. Ein weiteres Zeugnis enthielt zwar den Firmenstempel, war aber ansonsten identisch mit dem vorherigen.

Das Arbeitsgericht Berlin setzte gegen die Firma ein Zwangsgeld ersatzweise Zwangshaft fest. Der Androloge war empört: Er könne sich schließlich nicht der Urkundenfälschung strafbar machen, indem er ein nicht von ihm verfasstes und zurückdatiertes Zeugnis unterschreibe. Er habe aufgrund der Forderung der gegnerischen Anwältin bereits Strafanzeige gegen diese wegen Anstiftung zu der Straftat erstattet. Aus der Haft heraus werde er die Presse einschalten und die Arbeitsrichterin für den Praxisausfall haftbar machen. Es sei auch nicht mitgeteilt worden, warum ein von einer Anwältin erstelltes Zeugnis "qualifiziert" sei. Seine Beschwerde gegen die Zwangsmittel vor dem LAG Berlin-Brandenburg war nicht erfolgreich.

Ein Arbeitszeugnis richtig erstellen

Das Zwangsgeld nach § 888 ZPO war rechtmäßig, so das LAG (Beschluss vom 28.11.2023 – 26 Ta 1198/23). Ein qualifiziertes Zeugnis nach § 109 GewO müsse in formeller Hinsicht den im Geschäftsleben üblichen Anforderungen genügen. Dazu gehört nach Ansicht der Berliner Richterinnen und Richter ein Briefkopf, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar sind. Da im Berufszweig der Mediziner üblicherweise Firmenbögen verwendet werden und die konkrete Praxis das auch tat, sei das Zeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt, wenn der Briefkopf hierauf fehle.

Das LAG bemängelte weiter, dass es nicht ausreicht, wenn bei einem Dritten der Eindruck erweckt werden könnte, der Arbeitgeber habe lediglich einen Entwurf unterzeichnet, ohne sich den Inhalt der Erklärung zurechnen zu lassen. Es wies den renitenten Arzt darauf hin, dass das Zwangsgeld seiner Einschätzung bislang recht moderat ausgefallen sei und bei fortgesetzter Weigerung erhöht werden müsste (Beschl. v. 28.11.2023 26 Ta 1198/23). 

 

Aus der Datenbank beck-online

LAG Berlin-Brandenburg, Zwangsvollstreckung aus einem Vergleich auf Erteilung eines Zeugnisses, Voraussetzungen der Erfüllung des Anspruchs, BeckRS 2023, 34410 (ausführliche Gründe)

Wiebauer, Formulierung des Arbeitszeugnisses durch Vergleich, RdA 2020, 283

Benkert, Gestaltung von Arbeitszeugnissen, NJW-Spezial 2019, 562

BAG, Prozessvergleich – Anspruch auf wahres Zeugnis im Zwangsvollstreckungsverfahren, NZA 2012, 1244

BAG, Äußere Form eines Zeugnisses, NJW 1993, 2197

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