Weil er die nackten Brüste einer Kollegin berührt hatte, wurde der Angestellte einer Bundesbehörde fristlos entlassen. Das ArbG Berlin hat die Kündigung bestätigt. Die Pflichtverletzung des Mannes wiege so schwer, dass die Behörde ihn nicht habe abmahnen müssen.
Die Kollegin hatte Rückenschmerzen. Der Arbeitnehmer bot an, ihren Rücken abzutasten, worauf die Frau einging. Dazu wurde ihre Oberkleidung hochgeschoben und ihr BH geöffnet. Plötzlich soll der Arbeitnehmer seine Hände unter ihren BH geschoben und auf ihre Brüste gelegt haben, sagte die Kollegin aus.
Abmahnung entbehrlich
Das Arbeitsgericht Berlin hielt die Schilderung der Frau für glaubhaft. Dass sie ihren Kollegen zu Unrecht einer sexuellen Belästigung bezichtigen wolle, sei nicht ersichtlich. Als Schutzbehauptung wertete das Gericht die Angabe des Mannes, es habe sich um ein unbeabsichtigtes seitliches Streifen der Brüste bei dem Versuch, den BH wieder zu schließen, gehandelt.
Eine vorherige Abmahnung erachtete das ArbG wegen der Schwere der Pflichtverletzung für entbehrlich. Diese sei möglicherweise sogar strafrechtlich relevant.
Dass der Arbeitnehmer 19 Jahre bei der Bundesbehörde beschäftigt und nur noch außerordentlich kündbar war, half ihm nicht weiter. Das Interesse seiner Arbeitgeberin an einer Kündigung sei dennoch gewichtiger, befand das ArbG. Gegen das Urteil ist die Berufung zum Landesarbeitsgericht möglich (Urt. v. 6.9.2023 - 22 Ca 1097/23).
Dass eine fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz trotz langer Betriebszugehörigkeit gerechtfertigt sein kann, zeigt auch ein vom Landesarbeitsgericht Köln entschiedener Fall.
Aus der Datenbank beck-online
Bauer/Schunder, Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers bei sexuellen Belästigungen, NZA 2022, 1368