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NZA Editorial

 

Betriebsrentenstärkungsgesetz II – Der große Wurf?

Fachanwälte für Arbeitsrecht Dr. Rolf Kowanz und Jan-Jacob Roeder, LL.M., Hamburg/Berlin

Heft 18/2024

Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 18/2024 Jan-Jacob Roeder, LL.M.Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 18/2024 Dr. Rolf Kowanz

Die wachsende Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung bei sich leerenden Rentenkassen heute noch zu betonen, ist fast schon ein Allgemeinplatz. Ebenso offenkundig sind aber auch die Hemmnisse, die in Deutschland seit vielen Jahrzehnten dafür sorgen, dass die betriebliche Altersversorgung (bAV) nicht den Stellenwert einnehmen kann, der ihr als „dritte Säule“ neben der staatlichen Rente und der privaten Vorsorge gebührt. Einer der wichtigsten Gründe für die fehlende flächendeckende Verbreitung der Betriebsrente war und ist die Haftungsfrage: In Deutschland haftet der Arbeitgeber nicht nur für die Beiträge, die er für den Arbeitnehmer zum Aufbau der betrieblichen Altersversorgung leistet, sondern auch für die Versorgungsleistungen selbst. Solche „Defined Benefit“-Zusagen („DB“) sind in anderen europäischen Ländern seit vielen Jahren längst Geschichte. Dort geht der Trend zu „Defined Contribution“-Zusagen („DC“) nach dem „Pay and Forget“-Prinzip: Der Arbeitgeber zahlt die von ihm zugesagten Beiträge in die betriebliche Altersversorgung ein, trägt aber nicht mehr das Risiko, dass mit diesen Beiträgen auch tatsächlich die erhofften (Mindest-)Versorgungsleistungen erwirtschaftet werden. In vielen Mitgliedstaaten sind DC-Zusagen seit langem vorherrschend. Andere, wie zB die Niederlande, vollziehen derzeit den Wechsel von DB zu DC durch umfassende Gesetzesreformen.

Hierzulande vollzieht sich der Wechsel zu DC jedoch recht stotternd: Vor rund sechs Jahren hat Deutschland – bis dahin ein Land der DB-Zusagen – mit dem so genannten Sozialpartnermodell (SPM) erstmals die Möglichkeit reiner DC-Zusagen in der betrieblichen Altersversorgung eröffnet. Allerdings nur, wenn die Gewerkschaft dem in einem Tarifvertrag zustimmt. Nicht jede Gewerkschaft sieht darin einen echten Mehrwert für ihre Mitglieder mit der Folge, dass der von der Politik erhoffte „große Wurf“ mit einer flächendeckenden Verbreitung bis heute auf sich warten lässt. Das mit großen Erwartungen gestartete SPM kam – von einigen Pilotprojekten etwa in der chemischen Industrie abgesehen – kaum vom Fleck und blieb weitgehend ein „Papiertiger“.

Davon abgesehen besteht in Deutschland auch an vielen andern Stellschrauben der betrieblichen Altersversorgung dringender Reformbedarf: Strenge Vorgaben bremsen die Pensionskassen aus und führen zu stetig steigenden Durchfallquoten bei den Stresstests der BaFin. Ein nur marginal steigender Höchstrechnungszins und enge Solvency-II-Vorgaben werfen die Sinnfrage für Direktversicherungen auf. Das faktische Ende der Beitragszusage mit Mindestleistung und schlicht nicht mehr am Markt erhältliche Vollgarantien sind weitere Indizien dafür, dass ein „weiter so“ auch im Betriebsrentenrecht nicht zielführend sein kann.

Kurzum: Neue Ideen und ein zweiter Anlauf für den „großen Wurf“ in der betrieblichen Altersversorgung sind gefragt und überfällig. Ob diese Hoffnungen mit dem jüngst veröffentlichten Referentenentwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II erfüllt werden können, ist fraglich und wird ausführlich von den Autoren im nächsten Heft in einem Aufsatz beleuchtet.

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