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NZA Editorial

 

(Keine) Entbürokratisierung im Arbeitsrecht

Professor Dr. Markus Stoffels, Heidelberg

Heft 3/2024

Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 3/2024 Professor Dr. Markus Stoffels

Die Regierungskoalition schickt sich an, das geltende Recht von verzichtbaren bürokratischen Hemmnissen zu befreien. Das Bundesjustizministerium spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem „Bürokratie-Burnout“, an dem viele Unternehmen litten. Das nun vorgestellte Vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das viele Gesetzesänderungen bündelt, soll eine Entlastung von 682 Millionen Euro bringen (Referentenentwurf abrufbar auf den Seiten des BMJ). Auch der Bundesminister für Arbeit und Soziales war aufgefordert, einen substanziellen Beitrag zu liefern. Hier richtete sich der Blick vor allem auf das gerade novellierte Nachweisgesetz, das – obwohl die europäische Arbeitsbedingungen-Richtlinie dies nicht vorschreibt – am Erfordernis eines schriftlichen Nachweises (§ 2 I NachwG) festgehalten hat. Hierfür hatte der Bundesarbeitsminister scharfe Kritik einstecken müssen (zB Gaul/Pitzer/Piontek DB 2022, 1833, 1834: „nicht mehr zeitgemäß“; weiterführende Überlegungen de lege ferenda finden sich übrigens bei Bayreuther NZA 2023, 593).

Heils Vorschlag lautet nun: Falls Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihren Arbeitsvertrag nicht in Papierform schließen, sondern in elektronischer Form mit qualifizierter elektronischer Signatur (§ 126a BGB) in einem ausdruckbaren Format, so würde dies künftig genügen, vorausgesetzt alle wesentlichen Vertragsbedingungen befinden sich im Text des Arbeitsvertrags. Entsprechendes soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Ausgenommen werden sollen die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a I Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz. Die Regelung im Nachweisgesetz, der zufolge die elektronische Form ausgeschlossen ist, bliebe indes unverändert. Zuwiderhandlungen – etwa durch Übersendung des Nachweises per E-Mail – wären weiterhin bußgeldbewehrt. Das ist kein echter Fortschritt, sondern eine Mogelpackung. Welcher Arbeitnehmer ist derzeit in der Lage, eine digitale Signatur zu erstellen? Dafür bedarf es einer Anmeldung bei einem von der Bundesnetzagentur anerkannten Zertifizierungsdienst. Ich zitiere aus Jauernig/Mansel, 19. Aufl. 2023, § 126a BGB Rn. 1: „Die Verwendung der elektronischen Form bedarf eines erheblichen technischen und (für viele auch intellektuellen) Anwender-Aufwands. (…) Für den (Normal-)Verbraucher ist die elektronische Form keine reizvolle Alternative zur gesetzlichen Schriftform.“

Für das Festhalten an der Schriftform gibt es keine überzeugende Begründung. Das es auch anders geht, zeigt übrigens der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (abrufbar auf den Internetseiten des BMBF), der für den Abschluss von Ausbildungsverträgen nunmehr das Erfordernis der schriftlichen Niederlegung streichen und einen digitalen Nachweis ermöglichen will.

Bleibt die Hoffnung, dass der vorliegende Entwurf eines Bürokratieentlastungsgesetzes im Gesetzgebungsverfahren in diesem Punkt noch verändert wird. Interessierte Kreise hatten noch bis zum 2.2.2024 Gelegenheit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

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