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NZA Editorial

 

„TimePartner“-Urteil des BAG: Rechtssicherheit statt Zeitenwende

Rechtsanwalt Professor Dr. Mark Lembke, LL.M. (Cornell), Greenfort, Frankfurt a. M.

Heft 13/2023

Autor NZA Editorial Heft 13/2023, Mark LembkeNachdem der EuGH am 15.12.2022 (NZA 2023, 31) in Sachen „TimePartner“ über die BAG-Vorlage vom 16.12.2020 (NZA 2020, 642) entschieden hatte, richteten sich am 31.5.2023 bange Blicke in Richtung Erfurt. Würde den vom Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 5 I LeiharbeitsRL, § 8 I AÜG) abweichenden Zeitarbeits-Tarifverträgen der DGB-Tarifgemeinschaft ein Unwirksamkeitsverdikt drohen wie ehemals den CGZP-Tarifverträgen? Droht ein „CGZP-Déja-vu“, fragte Hamann pointiert (NZA-Editorial 22/2022).

Im Kern ging es um die Frage, ob die (Zeitarbeits-)TVe das in Art. 5 III RL niedergelegte Gebot der „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ befolgen müssen. Sie ging zurück auf die sog. Däubler-Kampagne mit dem Ziel: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch in der Leiharbeit. Der EuGH entschied: Lassen die Sozialpartner durch einen TV Ungleichbehandlungen für die Dauer der Überlassung in Bezug auf wesentliche Arbeitsbedingungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zu, muss dieser TV zur Achtung des Gesamtschutzes der betroffenen Leiharbeitnehmer ihnen Vorteile in Bezug auf wesentliche Arbeitsbedingungen gewähren, die geeignet sind, ihre Ungleichbehandlung auszugleichen. Däubler (NZA 2023, 73) stellte daraufhin fest, die heutigen Leiharbeitstarife seien nicht mehr in der Lage, den Gleichstellungsgrundsatz zu verdrängen, weil es an einer Kompensation für die Nachteile fehle. Vorsorglich versah er seine Prognose („Ende der Leiharbeitstarifverträge“) aber mit einem Fragezeichen. Nun ist das Gegenteil eingetreten (BAG 31.5.2023 – 5 AZR 143/19, NZA-aktuell H. 11/2023, S. VII):

Das BAG ließ sich durch die – teils kryptischen – Ausführungen des EuGH nicht beirren, die ersichtlich auf das französische Leiharbeitsmodell bezogen waren, das in Bezug auf den Leiharbeitsvertrag ein Synchronisationsgebot vorsieht (dh die Dauer des Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher darf den Einsatz beim Entleiher grundsätzlich nicht überschreiten). Richtigerweise stellte das BAG die Besonderheiten des deutschen Rechts heraus, zumal die Tariföffnungsklausel des Art. 5 III RL dazu dient, der „Vielfalt der Arbeitsbeziehungen“ in der EU auf flexible Weise gerecht zu werden, sofern das Gesamtschutzniveau für Leiharbeitnehmer gewahrt bleibt (vgl. Erwägungsgrund 16). 

Das BAG entschied, das Tarifwerk von iGZ und ver.di genüge, jedenfalls im Zusammenspiel mit den gesetzlichen Schutzvorschriften für Leiharbeitnehmer (vgl. §§ 3a I 2, 8 II-V, 11 IV 2 AÜG), den Anforderungen des Art. 5 III RL. Ein möglicher Ausgleichsvorteil könne nach dem EuGH sowohl bei unbefristeten als auch befristeten Leiharbeitsverhältnissen die Fortzahlung des Entgelts auch in verleihfreien Zeiten sein. Verleihfreie Zeiten seien nach deutschem Recht auch bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen stets möglich, etwa wenn der Leiharbeitnehmer nicht ausschließlich für einen bestimmten Einsatz eingestellt werde oder der Entleiher sich vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Leiharbeitnehmer vorbehalte. 

Vorbehaltlich der Lektüre der Entscheidungsgründe atmet die Praxis erst einmal auf: Zumindest die zwischen ver.di und iGZ abgeschlossenen Zeitarbeits-Tarifverträge sind wirksam.

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