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NZA Editorial

 

Gerichtliche Videokonferenzen – Missachtung der Arbeitsgerichtsbarkeit

Präsident des LAG Hessen a. D. Dr. Peter Bader, Frankfurt a. M.

Heft 2/2023

Autor NZA-Editorial Heft 2/2023, Peter Bader„Die Beratung und Abstimmung sollen … weiterhin vor Ort in Präsenz aller zur Entscheidung berufener Richterinnen und Richter erfolgen. Diese Regelung erfolgt im Einklang mit der weiterhin erforderlichen Präsenz aller zur Entscheidung berufener Richterinnen und Richter im Sitzungszimmer während der mündlichen Verhandlung und soll der herausragenden Bedeutung der unmittelbaren Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter an der Verhandlung Rechnung tragen.“

Gut formuliert und richtig! Das ist ein Regelungsziel, das auch für die Arbeitsgerichtsbarkeit maßgebend sein muss. Entsprechend haben sich die 83. und 84. Konferenz der BAG-Präsidentin und der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte geäußert. Die 84. Konferenz in Kiel im Mai 2022 hat ein umfangreiches Diskussionspapier mit dem Titel „Digitalisierung nutzen! Kieler Reformvorschläge für einen besseren Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit“ verabschiedet (NZA aktuell, Heft 11/2022, S. XIV ff.). Darin wird die Forderung erhoben, dass für das arbeitsgerichtliche Verfahren an der Anwesenheit des Spruchkörpers im Sitzungssaal auch bei Videoverhandlungen festgehalten werden soll (ebenso Francken NZA 2022, 1225 ff.).

Am 23.11.2022 hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten vorgelegt. Darin findet sich auf Seite 57 f. zu Art. 7 (Änderung des Sozialgerichtsgesetzes) Nummer 1 (Änderung des § 61 II SGG) der eingangs wiedergegebene Passus – er betrifft allein die Sozialgerichtsbarkeit. Für die Arbeitsgerichtsbarkeit sucht man indes eine parallele Aussage vergeblich. Ebenso ist in dem Referentenentwurf für die Arbeitsgerichtsbarkeit anders als mit § 110a SGG-E für die Sozialgerichtsbarkeit keine spezielle Norm vorgesehen, die der Vorschrift des § 128a ZPO-E insgesamt vorgehen würde. Vielmehr soll nach dem Entwurf § 128a ZPO-E in vollem Umfang für die mündliche Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten. Nach dessen Absatz 4 kann der Vorsitzende den Mitgliedern des Spruchkörpers gestatten, sich an anderen Orten als dem Sitzungszimmer aufzuhalten und an der mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen. Und dies wird durch § 193 I GVG-E mit einer Regelung für die Beratung und Abstimmung per Bild- und Tonübertragung flankiert, einer Regelung, die wiederum zwar nicht für die Sozialgerichtsbarkeit, wohl aber für die Arbeitsgerichtsbarkeit gelten soll.

Damit misst der Referentenentwurf der mündlichen Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren und den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern in der Arbeitsgerichtsbarkeit einen geringeren Stellenwert bei. Dies ist völlig verfehlt und bedarf dringend der Korrektur! Dieser Kritik haben sich kürzlich die Präsidentin des LAG Schleswig-Holstein (NZA aktuell Heft 1/2023, S. VIII) und der Arbeitsgerichtsverband angeschlossen. In das ArbGG muss gleichfalls eine § 110a SGG-E vergleichbare Norm eingefügt werden. Und § 193 I GVG-E kann im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur für Folgeberatungen sinnvoll sein.

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