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NZA Editorial

 

Das Direktionsrecht als Mittel gegen die Pandemie

Dr. David Marski, Berlin/Hannover

Heft 21/2022

Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 21/2022 David MarskiDas in § 106 S. 1 GewO geregelte Direktionsrecht des Arbeitgebers kann man als Herzstück des Arbeitsvertrags bezeichnen. Nur wegen des Direktionsrechts liegt Weisungsabhängigkeit des Arbeitnehmers in zeitlicher, tatsächlicher und örtlicher Hinsicht vor. Das Direktionsrecht greift nach § 106 S. 2 GewO insbesondere auch für die Ordnung der Arbeitnehmer im Betrieb, also dem arbeitsbegleitenden Verhalten, die den Schutz der Betriebs- und Arbeitsmittel und der geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers umfasst.

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass dieses Direktionsrecht nicht ohne Grenzen sein kann. So zeigt § 106 S. 1 GewO zwei Schranken. Die äußere Schranke besagt, dass durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder durch Gesetz das Direktionsrecht eingeschränkt sein kann. Die innere Schranke zeigt, dass das Direktionsrecht nur „nach billigem Ermessen“ ausgeübt werden darf, also verfassungsrechtliche Bewertungen aufgrund des unbestimmten Rechtsbegriffs mit einfließen müssen. Das Einfallstor für eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte führt dazu, dass eine arbeitsrechtliche Weisung des Arbeitgebers stets einer zeitgemäßen rechtlichen Bewertung zugeführt werden kann und muss. 

Nun sind wir alle gemeinsam angehalten, die Pandemie, die nunmehr seit viel zu langer Zeit unser Privat- und Arbeitsleben prägt, in den Griff zu bekommen. Beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – haben einen insgesamt guten Job gemacht. Hygienekonzepte wurden umgesetzt und eingehalten, Homeoffice ist zunehmend von beiden Seiten akzeptiert.

Ein weinendes Auge hat man trotzdem, da es Menschen gibt, die sich weigern mit Blick auf die Pandemiebekämpfung mit der Mehrheit „an einem Strang“ zu ziehen. Beispielsweise Arbeitnehmer, die sich ohne triftige Gründe nicht an ein Hygienekonzept halten. Ist es wirklich ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Freiheitsrechte und damit „unbillig“ nach § 106 S. 2, S. 1 GewO, wenn der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer verlangt, einen negativen PCR-Test vor Arbeitsantritt vorzulegen? Die zutreffende Antwort des BAG: Nein! In der Entscheidung vom 1.6.2022 (5 AZR 28/22, NZA 2022, 1387) macht der 5. Senat deutlich, dass der mit einem PCR-Test verbundene Eingriff in die körperliche Unversehrtheit minimal und damit insgesamt verhältnismäßig ist. Wenig später hat das BAG am 10.8.2022 jedoch auch klargestellt, dass Pandemieschutz seine Grenzen hat: So ist ein 14-tägiges Betretungsverbot für das Betriebsgelände, obwohl der Arbeitnehmer gemäß den verordnungsrechtlichen Vorgaben bei der Einreise aufgrund der Vorlage eines aktuellen negativen PCR-Tests und eines ärztlichen Attestes über die Symptomfreiheit keiner Quarantäne-Pflicht unterliegt, grundsätzlich möglich. Allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch behält (5 AZR 154/22, NZA 2022, 1395). Eine vom Arbeitgeber angeordnete „Quasi-Quarantäne“ ohne Lohnfortzahlung geht dem 5. Senat zu weit.

Es bleibt festzuhalten, dass dem Arbeitgeber aufgrund des Direktionsrechts ein effektives aber gleichsam nicht Downloadgrenzenloses Mittel zur Pandemiebekämpfung bereitsteht. Das ist gut so!

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