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NZA Editorial

 

Ein unterschätztes Risiko: Beitragspflicht in der eigenen Anwalts-GmbH

Vors. Richter am LSG Stephan Rittweger, München

Heft 14/2022

Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 14/2022 Stephan RittwegerAuch in der eigenen Rechtsanwalts-GmbH tätige Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer sind dort beschäftigt und unterliegen der Beitragspflicht. Die im Berufsrecht, der BRAO, ausdrücklich garantierte Weisungsfreiheit zählt hier nicht, so das BSG mit Urteil vom 29.6.2022 (B 12 R 40/20). Aus sozialrechtlicher Sicht hätte jede andere Entscheidung erstaunt. Denn für die Ärzteschaft hatte das BSG 2019 (DStR 2019, 2494, s. auch das Editorial von Rolfs H. 14/2019) entschieden, dass deren Therapiehoheit hinter den regulatorischen Vorgaben im Krankenhaus rangiert. 2020 wurde der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH als beschäftigt eingeordnet, die Freiberuflichkeit der Steuerberatung änderte nichts. Damit war abzusehen, dass selbst in der BRAO verankerte Weisungsfreiheiten statusrechtlich nicht zählen. 

Die betroffene Kanzlei-GmbH wird nunmehr für die Vergangenheit Konsequenzen ziehen und Lösungen für die Zukunft finden. Damit ist sie nicht die erste und einzige. Alle Anwalts-GmbHs finden sich in der gleichen Situation wieder. Für die gesamte Vergangenheit muss die GmbH als Arbeitgeber Beiträge in die Renten- und Arbeitslosenversicherung nachentrichten (Versicherungsfreiheit bestand kranken- und pflegeversicherungsrechtlich wegen Überschreitens der Entgeltgrenzen).

Einen rentenrechtlichen Befreiungsantrag zugunsten der Anwaltsversorgung hatten die Betroffenen nicht gestellt, jedenfalls nicht binnen drei Monaten nach Tätigkeitsaufnahme. Ein jetziger Befreiungsantrag erbringt Beitragsfreiheit nur für die Zukunft. Indes: Die Beiträge begründen auch Ansprüche. Rentenbeiträge können insbesondere für Mütter/Väter den Weg zu Anwartschaften wegen Kindererziehung ebnen – entsprechende Leistungen erbringt die berufsständische Versorgung nicht. Sollten die Geschäftsführer trotz ihrer Legalitätspflicht die Beiträge nicht nachzahlen, drohen Säumniszuschläge von 1% pro Monat, straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliches Ungemach sowie Regressrisiken – intern und extern. Dabei ist das Entdeckungsrisiko enorm. Zur turnusmäßigen, stets anlasslosen Betriebsprüfung hat die DRV verlautbart, ungemeldete geschäftsführende GmbH-Gesellschafter nicht stichproben-, sondern regelmäßig zu prüfen. Dazu gilt: Ein Blick in das Handelsregister – und die Nachforderung steht.

Für künftige Lösungen bieten sich Änderungen der Mehrheitsverhältnisse oder des GmbH-Vertrages an. Im Beitragsrecht selbst kann ein rechtzeitiger Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zugunsten der Anwaltsversorgung die Beitragslast reduzieren. Ob die Betroffenen ihre Beitrags-Zuschussansprüche durchsetzen, ist dann nicht mehr Sache der Betriebsprüfung. In der Kranken- und Pflegeversicherung wird meist die Jahresentgeltgrenze überschritten sein. Somit verblieben allein 3,25% Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung als Last.

Als Alternative kann sich ein Rücksturz zur GbR anbieten. Denn dort sind die Gesellschafter als Unternehmer und Träger des Unternehmerrisikos nicht versicherungspflichtig; nur in Sonderfällen kann ein eigenes Drittverhältnis zur GbR Beitragspflicht begründen. Allerdings könnten haftungs- und steuerrechtliche Vorteile der GmbH doch für die GmbH-Lösung mit 3,25% Arbeitslosenbeitrag sprechen. Download

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