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NZA Editorial

 

Bundesbeauftragter für Antidiskriminierung – auch der Zweitbeste?

Professor Dr. Gregor Thüsing, Bonn

Heft 10/2022 

Foto des Autors von NZA-Editorial Heft 10/2022 Gregor ThüsingEs war im Koalitionsvertrag schon so vereinbart worden, doch dann ging es unerwartet schnell. Die Leitung der Antidiskriminierungsstelle übernimmt künftig ein Unabhängiger Bundesbeauftragter für Antidiskriminierung. Der Bundestag hat dies am 28. April so beschlossen, und die Regelung soll schnellstmöglich in Kraft treten. Denn den treibenden Grund für diese Regelung benennt die Gesetzesbegründung: In der Vergangenheit haben Konkurrentenklagen eine Neubesetzung mit der Wunschperson verhindert. Für einen gewählten Bundesbeauftragten aber gilt Art. 33 II GG nicht – Klagen wären also zwecklos. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus: „Einander widersprechende Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die derzeitige Regelung der Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle keine hinreichend sichere Rechtsgrundlage für gerichtsfeste Besetzungsentscheidungen bietet.“ Und: „Dieser Regelung bedarf es, da das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis als demokratisches Wahlamt auf Zeit nicht vom Regelungsbereich des Art. 33 II GG erfasst ist … Damit soll künftig eine rechtssichere Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ermöglicht und deren Unabhängigkeit gestärkt werden.“

Beides ist – vorsichtig formuliert – grober Unfug. Die Entscheidungen, auf die Bezug genommen wurde, sind die des VG Berlin vom 8.2.2019 (7 L 218/18, BeckRS 2019, 20130) und des OVG Berlin-Brandenburg vom 15.12.2009 (6 S 47/09, BeckRS 2010, 45087) – und beide widersprechen sich nicht, sondern zeigen verschiedene, sehr vermeidbare Besetzungsfehler auf. Als rechtswidrig beanstandete das VG Berlin etwa, dass die für die Stelle vorgesehene Person gar keine Bewerbung eingereicht hatte, obwohl das Bundesfamilienministerium der für den Personalvorschlag zuständigen Bundesregierung suggeriert hatte, es liege eine entsprechende Bewerbung vor. Hinzu kam, dass die Zweitbeurteilerin der übergangenen Bewerberin, eine beamtete Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, offenbar keine ordnungsgemäße Zweitbeurteilung vorgenommen hatte, sondern die Erstbeurteilung ohne sich eine eigene Tatsachengrundlage zu verschaffen, übernommen hatte. Wer solche Fehler macht, der soll es das nächste Mal besser machen, statt Gesetze zu ändern, die auch eine willkürliche Besetzung ermöglichen. Denn wieso stärkt es die Unabhängigkeit, wenn künftig gefahrlos auch der zweibeste oder der schlechteste Bewerber ernannt werden kann? Die Auswahl der Personen nach dem Leistungsprinzip und dem Prinzip der Bestenauslese dient dem öffentlichen Interesse an einer funktionsfähigen, effektiven und fachlich kompetenten öffentlichen Gewalt. Das als Manko und Ursache von Rechtsunsicherheit zu begreifen, mutet gelinde gesagt seltsam an. Antidiskriminierung ist wichtig genug, dass der/die beste Bewerber/in die Leitung übernimmt. Der Fehler liegt nicht also in der Regel, sondern in ihrer Verletzung. Die fehlgeschlagene Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle in der vergangenen Legislaturperiode ist bedauerlich. Der Grund hierfür liegt aber nicht in der Geltung des Prinzips der Bestenauslese, sondern darin, dass es bei der Auswahl nicht beachtet wurde. Das Gesetz ist ein schädlicher Irrweg. Download

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