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NZA Editorial

 

Die Macht des Betriebsrats – Auch beim Betriebsübergang?

Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Barbara Bittmann und Rechtsanwältin Dr. Lisa Maria Völkerding, CMS Hasche Sigle, Düsseldorf

Heft 4/2022 

Foto der Autorin von NZA-Editorial Heft 4/2022 Dr. Lisa Maria VölkerdingFoto der Autorin von NZA-Editorial Heft 4/2022 Dr. Barbara Bittmann

Über den schillernden Begriff der „Zuordnung“ ist im Kontext von § 613a BGB schon viel geschrieben worden. Je mehr man sich jedoch mit ihm befasst, geht es einem wie dem Betrachter der Seerosen von Claude Monet. Was aus der Ferne noch eine Form ergab, wirkt bei näherer Betrachtung zunehmend konturenlos. Zahlreiche Fragen sind ungeklärt. So werden zB die Folgen einer individualrechtlich unwirksamen Versetzung noch vereinzelt behandelt. Ganz dünn wird es jedoch, wenn es um eine betriebsverfassungswidrige Versetzung und ihre Folgen für die Zuordnung zu einem Betrieb oder Betriebsteil geht.

Im Jahr 2022 erwartet uns vor diesem Hintergrund eine spannende Klarstellung des BAG. Es geht um die Frage, ob der Betriebsrat des „alten“ Arbeitgebers die Aufhebung einer mitbestimmungswidrigen Versetzung verlangen und so den Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber verhindern kann (wohlgemerkt obgleich der Arbeitnehmer selbst nicht von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hat). Das LAG München hatte diese Frage verneint. Die mögliche betriebsverfassungsrechtliche Fehlerhaftigkeit einer Versetzung könne der Zuordnung nicht entgegenstehen (Beschl. v. 7.12.2020, BeckRS 2020, 49594). Dies folge insbesondere aus dem systematischen Verhältnis sowie dem Sinn und Zweck der §§ 99 BetrVG und 613a BGB. 

Die Rechtsbeschwerde ist unter dem Aktenzeichen 1 ABR 15/21 anhängig, nachdem sie vom BAG zugelassen wurde. Dies zeigt, welche Bedeutung das BAG der Frage beimisst. Wie das Gericht sich positionieren wird, ist natürlich offen. Gute Gründe sprechen aber dafür, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung für die Zuordnung irrelevant ist. Die „Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung“, auf die sich der Betriebsrat beruft, ändert hieran nichts (ausführlich Bittmann/Völkerding, RdA 2022, 32).

Es ist zunächst nicht ersichtlich, wieso der Betriebsrat jenseits von Übergangs- und Restmandaten berechtigt sein sollte, per Aufhebungsantrag nach § 101 BetrVG auf Arbeitsverhältnisse des Betriebserwerbers Einfluss zu nehmen. Hinzu kommt, dass die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a VI BGB unterlaufen würde, eine Frist, die der Rechtssicherheit und den Interessen aller am Betriebsübergang beteiligten Arbeitsvertragsparteien dient. Aber nicht nur das: Der Betriebsrat könnte nicht nur sehr viel später, sondern sogar gegen den Willen eines Arbeitnehmers den Übergang seines Arbeitsverhältnisses torpedieren. Auf die Spitze getrieben könnte der Betriebsrat mit seinem Vorgehen den Betriebsübergang selbst verhindern (nämlich soweit es maßgeblich auf die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft ankommt). Für all das taugt das Zustimmungsverfahren nach den §§ 99 ff. BetrVG als Legitimation nicht. Dem Regelungsmechanismus des § 613a BGB gebührt richtigerweise der Vorrang.

Ob das BAG dies auch so sieht, bleibt abzuwarten. Wir blicken gespannt auf dieses für die Praxis wichtige Verfahren und freuen uns darauf, die Entscheidung zu gegebener Zeit aus der Nähe zu betrachten! 

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