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Grundrechte-Report 2025: NGOs kritisieren "Gesinnungskontrolle"

Von Redaktion beck-aktuell, Pia Lorenz | Mai 22, 2025
Zehn Bür­ger­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen sehen in ihrem jähr­li­chen Sam­mel­band Bür­ger­rech­te mas­siv be­droht. Der Staat sei nicht mehr mei­nungs­neu­tral, ver­bie­te Pro­test­camps und be­schnei­de Grund­rech­te für die "Staats­rä­son". Die "Ge­sin­nungs­kon­trol­le" tref­fe be­son­ders mar­gi­na­li­sier­te Grup­pen.

"Die Ausübung ziviler Freiheiten wird offensiv und mit bislang nie dagewesener Intensität behindert oder verboten." So beginnt der Grundrechte-Report 2025, den Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen am Mittwoch in Berlin vorstellten. Gewidmet haben ihn die zehn NGOs, darunter mehrere juristische Organisationen, dem verstorbenen FDP-Politiker und Rechtsanwalt Gerhart Baum, der den Report 2024 noch selbst vorgestellt hatte.

Den Fokus legt das Papier in diesem Jahr auf die Kommunikationsgrundrechte. Diese "Grundlagen der pluralistischen Demokratie" stünden unter Druck, heißt es im Bericht. Bestimmte Versammlungsarten würden pauschal verboten und Protestcamps mit Gewalt geräumt, die Äußerung von Meinungen wegen ihres Inhalts kriminalisiert. Kulturschaffende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden unter Generalverdacht gestellt.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet Polizeigewalt, aber auch um die Beschränkungen von Rechten Geflüchteter geht es den Bürgerrechtlerinnen und - rechtlern, um den Umgang mit Menschen in Haft und um die explodierenden Mieten in Städten, gegen die Mieter und Mieterinnen weiterhin nicht geschützt würden.

Palästina-Proteste, Polizeigewalt, Habeck-Hausdurchsuchung

Dabei stützt sich der Grundrechte-Report nicht auf statistische Erhebungen, sondern spricht Themen häufig anhand von Einzelfällen an, die als exemplarisch betrachtet werden. In mehr als 40 Beiträgen, die jeweils Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten zugeordnet sind, beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren, viele davon mit juristischem Hintergrund, zum Beispiel mit der Räumung des sog. Palästina-Kongresses in Berlin (Art. 8 GG, Versammlungsfreiheit), mit tödlicher Polizeigewalt (Art. 2 GG, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) und dem abgehörten Pressetelefon der "Letzten Generation" (Art. 5 GG, Pressefreiheit).

Aber auch um Entscheidungen des BVerfG zur Zwangsbehandlung Betreuter (Art. 3 Abs. 3 GG, Gleichheitssatz) und zum BAföG unterhalb des Existenzminimums (Art. 12 GG, Berufsfreiheit) geht es, ebenso um die Hausdurchsuchung bei einem Mann, der Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck im Netz als Schwachkopf bezeichnet hatte (Art. 13 GG, Unverletzlichkeit der Wohnung).

"Staatsräson darf keine gesetzesdurchbrechende Wirkung haben"

Das Vorwort der Macher spart nicht mit starken Worten: Der Staat knüpfe entgegen der im Grundgesetz garantierten Meinungsneutralität die Ausübung von bürger­lichen Rechten zunehmend an bestimmte Überzeugungen. Von Gesinnungskontrolle ist die Rede, die Marginalisierte, darunter gerade auch Migrantinnen und Migranten, besonders treffe.

Die Verfasserinnen und Verfasser heben den von der Bundesregierung in Bezug auf die Sicherheit Israels herangezogenen Begriff der "Staatsräson" hervor, der kein rechtliches Konstrukt, sondern rein politischer Natur sei. Der Staatsräson "eine gesetzesdurchbrechende Wirkung zuzusprechen oder sie als in der Verfassung verankert anzusehen, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar", heißt es im Vorwort des Papiers.

Auf Urteile konnte Rechtsanwältin Jessica Grimm allerdings nicht verweisen. Bescheide von Ausländerbehörden gegen EU-Bürger aber, mit denen Freizügigkeitsrechte entzogen werden sollten, seien auf die Staatsräson gestützt worden, erklärte die Berliner Strafverteidigerin bei der Pressekonferenz am Mittwoch. Sie bezog sich dabei auf die Berliner Ausweisungen propalästinensischer Aktivisten aus anderen EU-Staaten, von denen mehrere vom VG Berlin schon einstweilig kassiert wurden.

"Nicht einmal mehr der Schein der gleichen unantastbaren Würde"

Der Ton sei rau wie lange nicht mehr, gegenüber Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund fielen die letzten Hemmungen. Als Belege nennt der Report in Bezug auf Asylbewerber etwa die Bezahlkarte, massive Kürzungen und - bei Dublin-Geflüchteten - sogar Streichungen von Leistungen und die Debatte um den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten. Es werde "nicht einmal mehr der Schein gewahrt, dass der Staat von der gleichen unantastbaren Würde aller Menschen ausgeht", heißt es.  

Gewaltverbrechen wie in Mannheim oder Magdeburg würden hetzerisch instrumentalisiert, während die häufigen Tötungen von Frauen durch ihre (Ex-)Partner in Deutschland kaum Aufmerksamkeit bekämen. Zu dieser "neuen Härte" passe die "Rekordzahl an Personen", die nach polizeilichen Maßnahmen ums Leben gekommen seien, heißt es weiter. Über Polizeigewalt gerade gegenüber marginalisierten Personen, die sich häufig in psychischen Krisen befänden, werde auch medial zu unkritisch berichtet, kritisierte Sevda Can Arslan. "Immer ist im Polizeinarrativ von Notwehr die Rede, nie von institutionellem Rassismus."

Ein Journalist fragte am Mittwoch bei der Pressekonferenz im Haus der Demokratie, ob der Report auch Einschränkungen der Grundrechte von politisch rechten oder rechtsextremistischen Personen ausreichend beleuchte - und ob auch diese wichtig seien. Moderatorin und Mitherausgeberin Charlotte Ellinghaus von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen erwiderte schließlich, ein Beitrag im Report widme sich dem Funktionär der rechtsextremen Partei "Der Dritte Weg", dem das BVerwG mangels Verfassungstreue den Antritt des Rechtsreferendariats verwehrt hat. Sie betonte, der Grundrechte-Report kritisiere Grundrechts-Einschränkungen aller Menschen, unabhängig von ihrer politischen Einstellung. Die Bürgerrechtsorganisationen pflegten eine undogmatische, radikalliberale Herangehensweise an die Grundrechte, die jedermann schützten.

Der Grundrechte-Report erscheint seit 1997 jährlich. Er wird von zehn zivilgesellschaftlichen Organisationen herausgegeben, darunter mehrere juristische Organisationen wie die Neue Richtervereinigung, Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen oder die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das Buch ist ab dem 28. Mai 2025 über den Buchhandel oder die Webseite der Herausgeber zu beziehen. 

 

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