Auf einer Versammlung, die für den 24. und 25. Oktober angemeldet und genehmigt worden war, beschlagnahmte die Polizei am Morgen des ersten Versammlungstages ein FDJ-Emblem. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte das zuständige Ordnungsamt die Veranstalterin darauf hingewiesen, dass das Zeigen der FDJ-Fahne strafbar sein könnte – zumindest, wenn das Emblem nicht mit dem Zusatz "Ost" versehen ist.
Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ist ein kommunistischer Jugendverband, den es zur Zeit des geteilten Deutschlands sowohl im Osten als auch im Westen gab. In der DDR wurde die FDJ vom Staat als Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule gefördert; ein Großteil der 14- bis 25-Jährigen war Mitglied. Im Westen war die FDJ dagegen keine Massenorganisation. Hier wurde sie 1954 vom BVerwG als Vereinigung, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik richtet, verboten. Daher dürfen keine Kennzeichen der FDJ-West verwendet werden (§ 86a StGB). Allerdings gleichen sich die Embleme der FDJ-West und der FDJ-Ost. Daher erstreckt sich das Verbot aus § 86a StGB auch auf das öffentliche Verwenden von Kennzeichen der FDJ-Ost, solange sie nicht mit dem Zusatz "Ost" versehen sind.
Im Vorfeld der Versammlung hatte die Veranstalterin die Möglichkeit des Zusatzes "-Ost" im Schriftverkehr mit der Stadt ausdrücklich abgelehnt. Sie stellte nach der Beschlagnahme der FDJ-Flagge auf ihrer Versammlung am 24. Oktober einen Eilantrag: Das Gericht möge die Stadt verpflichten, das Zeigen des FDJ-Emblems im Rahmen ihrer Versammlung zu dulden.
Kein Verbot nach Versammlungsrecht zu befürchten
Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. Das VG sieht kein Rechtsschutzbedürfnis (Beschluss vom 25.10.2024 – 5 V 2730/24). Die Stadt habe der Versammlungsleitung das Zeigen des FDJ-Emblems nicht durch eine Versammlungsauflage untersagt. Sie habe die Anmelderin lediglich auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen hingewiesen, sollten FDJ-Kennzeichen ohne den Zusatz "Ost" gezeigt werden. Bei diesem Hinweis handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Somit habe die Veranstalterin nicht glaubhaft gemacht, dass zu befürchten oder ernsthaft zu erwarten ist, dass die Polizei während der Versammlung auf Grundlage präventiv-polizeilicher (versammlungsrechtlicher) Ermächtigungsgrundlagen die Verwendung des FDJ-Emblems untersagen oder beschränken werde. Damit bedürfe es auch keines Duldungsausspruchs.
Ein repressives Einschreiten beim Anfangsverdacht einer Straftat sei den Polizeibehörden hingegen unbenommen. Um ein solches aber habe es sich ausweislich der von der Stadt vorgelegten Unterlagen gehandelt, als die Polizei am 24. Oktober die FDJ-Flagge beschlagnahmt habe. Dies sei auf Grundlage der StPO erfolgt, hier nach § 94 Abs. 2 StPO als Beweismittel. Gegen eine Beschlagnahme nach der StPO oder für vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine solche sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Die StPO-Regelungen zum Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden wertet das VG als abdrängende Sonderzuweisung (vgl. § 23 EGGVG) (Beschluss vom 25.10.2024 - 5 V 2730/24).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
VG Bremen, Vorbeugender Rechtsschutz gegen polizeiliche Maßnahmen während einer Versammlung, BeckRS 2024, 28784 (ausführliche Gründe)
BVerwG, Vereinsfreiheit, NJW 1954, 1947