Der DAV hat nach der Landtagswahl in Thüringen, die der AfD eine Sperrminorität brachte, einen Brief an die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder geschrieben, in dem der Verband die Stärkung der Justiz und der Gerichte in den Bundesländern fordert.
Seit der Landtagswahl in Thüringen vom 1. September 2024 steht fest, dass die AfD im Landesparlament über eine Sperrminorität verfügen wird. Sie kann damit unter anderem verhindern, dass gegen ihren Willen neue Richterinnen und Richter zum Landesverfassungsgericht und gegebenenfalls auch anderen Gerichten des Landes gewählt werden. Auch auf die Bestellung von Schöffinnen und Schöffen könne das Auswirkungen haben, was für die Rechtspflege einen "verheerenden Zustand" darstelle.
So formuliert der Deutsche Anwaltverein (DAV) in einem Schreiben, das er allen Ministerpräsidentinnen und -präsidenten, Landesjustizministerinnen und -ministern sowie den Vorsitzenden der Rechtsausschüsse der Landtage schickte. Er fordert in dem Papier erneut eine Stärkung der Resilienz des Rechtswesens in den Bundesländern.
DAV klagt: Vorschläge blieben unbeachtet
In dem Schreiben spricht der DAV davon, schon frühzeitig gemeinsam mit verschiedenen weiteren Expertinnen und Experten vor dem Szenario einer Sperrminorität der AfD gewarnt zu haben, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. "Zu unserem großen Bedauern wurde keiner dieser Vorschläge verwirklicht", so die Interessenvertretung. Der Verband empfindet nun die ernsthafte Besorgnis, dass grundlegende Funktionen des Rechtswesens in Thüringen nicht länger aufrechterhalten werden können. Das würden Extremistinnen und Extremisten als "Erfolge" verbuchen.
Mit dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Wehrhafter Rechtsstaat - wie lassen sich die Freiheitliche Demokratische Grundordnung und ihre Institutionen gegen Verfassungsfeinde verteidigen?" habe die Justizministerkonferenz "hervorragende Vorschläge" nur zur Änderung des Grundgesetzes und der VwGO vorgelegt und eine Analyse möglicher Schwachstellen in den Bundesländern vorgelegt. Vor diesem Hintergrund wende man sich mit dem "dringenden Appell" an die Bundesländer, Maßnahmen zu ergreifen, die Resilienz des Rechtswesens zu stärken und "die Einflussspähre radikal-autoritärer Kräfte zu minimieren", heißt es in dem Schreiben weiter. Man dürfe nicht zulassen, dass sich die thüringischen Versäumnisse wiederholen.
Eine konstruktive und ergebnisorientierte Zusammenarbeit zwischen Parteien sei möglich, schreibt der DAV in seinem Brief – das belege die Arbeit auf Bundesebene zur Absicherung des BVerfG. Im Fall der Resilienz des BVerfG habe die JuMiKo ebenfalls "sehr gute Vorschläge" unterbreitet, die der DAV uneingeschränkt unterstützt habe. Man solle den Erfolg dieser Initiative nutzen und zum Anlass nehmen, ähnliche Vorkehrungen auch in den Bundesländern anzugehen.
"Spätestens die Wahlen in Thüringen haben gezeigt, dass eine gesichert extremistische Partei eine Sperrminorität in einem deutschen Landtag erlangen kann. Daher ist es jetzt an der Zeit zu handeln", schrieb der Vizepräsident des DAV Ulrich Karpenstein in einer begleitenden Stellungnahme.