Ab Oktober wird in der EU über eine Richtlinie verhandelt, die Schleuserkriminalität verhindern soll. Der DAV appelliert mit 14 weiteren Organisationen an die Bundesregierung, die Kriminalisierung von Flüchtenden zu beenden. Es brauche effektiven Schutz von Flüchtenden, keine Stärkung des Menschenhandels.
Den Organisationen geht es um den Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, den die EU-Kommission im Juni 2023 vorgelegt hat. Der DAV und andere Organisationen wie Amensty International, Pro Asyl oder die Ärzte ohne Grenzen fordern die Bundeseregierung auf, sich für eine Überarbeitung der Richtlinie einzusetzen.
Ihr offener Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beinhaltet konkrete Forderungen, zum Beispiel Rechtssicherheit durch eine klare Definition der sogenannten Beihilfe zur illegalen Einreise zu schaffen, die sich am UN-Schmuggelprotokoll orientiert. Dieses stellt darauf ab, ob es darum geht, einen finanziellen oder materiellen Vorteil zu erzielen. Schutzsuchende und ihre Familien müssten entkriminalisiert und eine umfassende Ausnahmeformulierung für humanitäre Hilfe implementiert werden, fordern die Organisationen. Wer an Land oder auf See humanitäre Hilfe leiste oder Menschenrechtsverletzungen dokumentiere, müsse in allen EU-Mitgliedstaaten effektiv vor Kriminalisierung geschützt sein.
"Der derzeitige Entwurf der EU-Kommission hat nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt", meint DAV-Vizepräsident Stefan von Raumer. Mitgliedstaaten der EU würden mit den Mitteln der aktuellen Richtlinie keinen Menschenhandel bekämpfen, sondern Flüchtende und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer kriminalisieren. Menschen, die ihre Fluchtboote selbst gesteuert haben sollen, erwarteten jahrzehntelange Haftstrafen, während die Verfahren gegen sie durchschnittlich nur 37 Minuten dauerten.
Der DAV hatte den Vorschlag der Kommission bereits im März 2024 scharf kritisiert und Ausnahmen von Schleusungstatbeständen für Rechtsberatung und Seenotrettung sowie die Bestimmtheit von Strafnormen und die Beachtung des Schuldgrundsatzes gefordert.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Kluth, Alte und neue Grenzdebatten, ZAR 2024, 265