Die Verwaltungsrichterinnen und Richter aus Münster hatten über den Entzug einer Waffenerlaubnis zu entscheiden, die schon vor Jahrzehnten zu großem Unglück geführt hatte. Ihr Besitzer, ein Jäger, hatte bereits 1966 eine Schusswaffe in den USA erworben und nach Deutschland eingeführt. 1973 bekam er eine Waffenbesitzkarte, vergaß aber, den Revolver aus den USA einzutragen. 1989 erschoss sich einer seiner Söhne damit. Damals hatte der Mann seine Waffen im Schlafzimmerschrank zwar eingeschlossen, aber den Schlüssel im Schloss steckenlassen. Nach dem Tod seines Sohnes gab der Jäger seine Waffenerlaubnis samt Waffen zunächst ab, doch 1992 erteilte ihm die Behörde die Karte erneut.
Fast 30 Jahre später, Ende 2020, meldete sich eine seiner Nachbarinnen bei der Polizei: Der Mann habe mehrfach seine Waffen im Hausflur des Mehrfamilienhauses stehen lassen, ohne selbst anwesend zu sein. Im Hinblick auf ihre Kinder halte sie dieses Verhalten für gefährlich. Später ergänzte sie, dass der Senior in der Vergangenheit bereits eine Tüte mit Äpfeln über mehrere Tage im Lift vergessen habe, die dann habe entsorgt werden müssen. Die richtige Einparkposition finde der Mann, indem er sein Fahrzeug gegen die Garagenwand fahre. Zudem sei er stark schwerhörig – einmal habe ihn ein Nachbar auf das Schrillen seines eigenen Rauchmelders aufmerksam machen müssen.
Schwerhörig, unzuverlässig und ungeeignet
Die Schwerhörigkeit konnte die Polizei aus eigener Anschauung bestätigen: Bei einer Kontrolle hörte der Mann die Klingel nicht, so dass schließlich ein Nachbar die Tür mit einem ihm überlassenen Schlüssel öffnete. Die Waffen waren zwar inzwischen im Tresor gelagert, aber der Schlüssel dafür fand sich in einem Rucksack im Flur. Der Nachbar mit dem Wohnungsschlüssel hätte also ohne Weiteres an den Tresorschlüssel und damit an die Waffen gelangen können, hielt ihm die Behörde vor. Das Polizeipräsidium widerrief die Besitzkarte des alten Manns – zu Recht, befand das VG Münster (Urteil vom 16.01.2024 – 1 K 249/21).
Dem Jäger, so die Münsteraner Richterinnen und Richter, fehle die Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG. So habe er wiederholt gegen § 36 Abs. 1 WaffG über die Aufbewahrung von Waffen oder Munition verstoßen, indem er die Waffe achtlos und unbeaufsichtigt im Hausflur des Mehrfamilienhauses auf dem Weg zum Auto zwischengelagert habe.
Die Vorschrift solle sicherstellen, dass die Waffen nicht in die Hände unbefugter Dritter gelangten, und sei deshalb von überragender Bedeutung. Das Verhalten des Seniors stellte nach Ansicht des VG Münster auch in subjektiver Hinsicht einen groben Verstoß dar (Urteil vom 16.01.2024 - 1 K 249/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Braun, Aktuelle Änderungen im Waffenrecht, NJOZ 2020, 961
Heller/Soschinka/Rabe, Verschärfungen im Waffenrecht 2020, NVwZ 2020, 595
OVG Münster, Zuverlässigkeit, waffenrechtliche Erlaubnis, Aufbewahrung, Munition, Widerruf, BeckRS 2014, 49207
OVG Münster, Waffenbesitzkarte, Widerruf, Regeltatbestand, BeckRS 2010, 55291