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LSG Berlin-Brandenburg | Jan 18, 2024
Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift nach Ansicht des LSG Berlin-Brandenburg nicht, wenn eine Patientin auf dem Heimweg von der Reha-Nachsorge stürzt. Die Nachsorge sei keine ambulante Reha-Maßnahme und könne dieser auch nicht gleichgestellt werden, teilte das Gericht am Dienstag mit.
Eine seinerzeit 55-jährige Frau verbrachte mehrere Wochen in einer Rehabilitationsklinik. Die Deutsche Rentenversicherung hatte ihr diese Reha-Maßnahme zur Wiederherstellung der Berufsfähigkeit gewährt. Kurz vor Ende der Reha zog sich die Patientin bei einer Faszien-Therapie ein behandlungsbedürftiges Hämatom zu, sodass sie die stationäre Behandlung abbrechen musste. In Absprache mit der Rentenversicherung nahm sie sodann ambulante Leistungen zur "intensivierten Rehabilitationsnachsorge" (IRENA) in Anspruch.
Auf ihrem Heimweg vom IRENA-Sport stieß sie eines Tages mit einer Radfahrerin zusammen, stürzte und zog sich mehrere Prellungen zu. Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen und für ihre ärztliche Behandlung aufzukommen. Unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fielen keine Leistungen, die erst nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation als "sonstige Leistung" erbracht würden, so die Begründung. Nach erfolgloser Klage vor dem SG Potsdam zog die Patientin vor das LSG.
Keine ambulante Reha-Maßnahme
Auch dieses gab der Berufsgenossenschaft Recht (Urteil vom 11.01.2024 – L 21 U 180/21). Zwar sehe das Gesetz für Teilnehmende an Leistungen zur stationären, teilstationären oder ambulanten medizinischen Rehabilitation Unfallversicherungsschutz vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII). Anders sei dies jedoch für Maßnahmen zur Nachsorge, wie die hier in Rede stehenden IRENA-Leistungen. Diese stellten insbesondere keine "ambulante Rehabilitation" dar und würden vom Gesetzeswortlaut nicht erfasst.
Bereits aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass die Nachsorge auch nicht einer ambulanten Reha-Maßnahme gleichgestellt werden könne. Die Gesetzgebungsmaterialien enthielten auch keine Anhaltspunkte für eine (unbeabsichtigte) Regelungslücke.
Überdies seien bei einer ambulanten und – erst recht – bei einer stationären Reha-Maßnahme die zeitliche Bindung und Verweildauer des Patienten in der Sphäre der Reha-Einrichtung und mithin die Unfallgeneigtheit deutlich höher als bei der Nachsorge, die lediglich die Teilnahme an vergleichsweise kurzen Terminen in zeitlich loser Abfolge erfordere. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm sei es daher gerechtfertigt, den gesetzlichen Versicherungstatbestand restriktiv auszulegen, erläuterte das LSG. Es hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (Urt. v. 11.01.2024 - L 21 U 180/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Neuerer, Sturz in der Krankenhaustoilette nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, NZS 2024, 74
Hensiek, Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten: Ablauf, Tipps und Änderungen, ARP 2023, 236