Das EuG hat die Genehmigung milliardenschwerer staatlicher Corona-Hilfen für den Lufthansa-Konkurrenten Air France und die Muttergesellschaft Air France-KLM für nichtig erklärt. Die EU-Kommission habe die möglichen Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht mit ausreichender Wachsamkeit geprüft.
Die von der EU-Kommission genehmigten Corona-Hilfen Frankreichs beinhalteten eine staatliche Garantie für ein Darlehen an Air France in Höhe von vier Milliarden Euro und ein Gesellschafterdarlehen an die Airline über einen Höchstbetrag von drei Milliarden Euro. Außerdem genehmigte sie eine Rekapitalisierung von Air France und der Holding Air France-KLM in Höhe von insgesamt vier Milliarden Euro.
Dagegen klagten die Fluggesellschaft Ryanair und ihr Tochterunternehmen Malta Air – mit Erfolg. Das EuG hat die Beschlüsse der Kommission für nichtig erklärt (Urteile vom 20.12.2023 – T-216/21, T-494/21). Laut Gericht hat die Kommission die Begünstigten der staatlichen Beihilfen falsch bestimmt: Im ersten Fall habe sie nur Air France, nicht aber auch die Holding Air France-KLM und die Tochter KLM zu den Begünstigten gezählt. Im zweiten Fall habe sie KLM als Begünstigten außer Acht gelassen. "Sind die Auswirkungen einer Kumulierung staatlicher Beihilfen innerhalb desselben Konzerns auf den Wettbewerb zu befürchten, obliegt es der Kommission, die Verbindungen zwischen Unternehmen, die diesem Konzern angehören, mit besonderer Wachsamkeit zu prüfen", schreibt das EuG. Das habe die Kommission nicht getan.
Bereits im Mai hatte das Gericht die Genehmigung staatlicher Corona-Hilfen für die Lufthansa für nichtig erklärt. Unter anderem hätten die Wettbewerbshüter genauer prüfen müssen, ob die Lufthansa noch eigene Sicherheiten hatte, um sich selbst Kredite zu verschaffen. Außerdem sei die Marktstellung der Lufthansa an einzelnen Flughäfen nicht ausreichend überprüft worden. Lufthansa geht gegen das EuG-Urteil allerdings noch vor dem EuGH vor. Der Fall ist daher noch nicht endgültig geklärt. Auch das hiesige Urteil kann noch vor dem EuGH angefochten werden. Ebenfalls im Mai hatte das EuG die Genehmigung von Corona-Hilfen an italienische Airlines gekippt (Urt. v. 20.12.2023 - T-216/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Soltész, Wichtige Entwicklungen im Europäischen Beihilferecht im Jahre 2022, EuZW 2023, 5
EuG, Urteil vom 10.05.2023 - T-34/21, BeckRS 2023, 9561 (Lufthansa-Hilfen)
EuG, EU-Genehmigung italienischer Hilfen für Airlines nichtig, COVuR 2023, 199
Frenz, Coronabedingte Staatsbeteiligung am Beispiel der Lufthansa und Beihilfenverbot, EWS 2020, 192