Die AfD-Bürgerschaftsfraktion hat keinen Anspruch darauf, dass ihre Mitglieder in die Härtefallkommission gewählt werden. Dies gebiete der Grundsatz der Wahlfreiheit und verletze ihr Recht auf gleiche Teilhabe am parlamentarischen Willensbildungsprozess nicht, so das OVG Hamburg.
Die Härtefallkommission ist ein vom Hamburger Senat eingerichtetes Gremium, das sich mit Fällen des Aufenthaltsrechts befasst, in denen zwar keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, aber dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit der oder des Betroffenen im Bundesgebiet rechtfertigen könnten. Rechtsgrundlage für die Errichtung der Kommission ist § 23a AufenthG.
Seit der Wahl zur 22. Hamburgischen Bürgerschaft im Jahr 2020 sind keine Mitglieder der AfD mehr in die Härtefallkommission gewählt worden. Das wollte die Fraktion ändern und eine Wahl gerichtlich erzwingen. Bereits das VG Hamburg hat es abgelehnt, die Rechtswidrigkeit der Nichtwahl festzustellen (Urteil vom 21.06.2021 – 11 K 8652/17). Das Oberlandesgericht folgt dieser Ansicht und lehnte den Antrag der AfD-Fraktion auf Zulassung der Berufung ab (Beschluss vom 28.11.2023 – 3 Bf 250/21.Z).
Wahlfreiheit steht Anspruch der AfD entgegen
Das Vorgehen der Hamburgischen Bürgerschaft verletze nicht das Recht der AfD-Bürgerschaftsfraktion auf gleiche Teilhabe am parlamentarischen Willensbildungsprozess. Die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Zusammenhang mit der Besetzung der Härtefallkommission ergäben sich nicht aus dem Verfassungsrecht, sondern den einfach-gesetzlichen Regelungen des Härtefallkommissionsgesetzes. Dieses normiere das Recht der Fraktionen, einen Abgeordneten aus ihrer Mitte zur Wahl zu stellen. Es begründe keinen von der Wahl losgelösten Anspruch auf Stellung eines Mitglieds in der Härtefallkommission. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, wonach Ausschüsse beziehungsweise Kommissionen regelmäßig so zu besetzten seien, dass darin das parlamentarische Kräfteverhältnis des Plenums abgebildet werde, gelte nicht. Nach dem Härtefallkommissionsgesetz bestehe auch keine Verpflichtung, eine Wahlentscheidung zu begründen.
Selbst wenn das von der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg gewährleistete Recht auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung auf die Wahl zur Härtefallkommission Anwendung fände, bliebe die Klage der AfD‑Bürgerschaftsfraktion ohne Erfolg. Verfassungsrechtlich stünde das Recht zur gleichberechtigten Berücksichtigung der AfD-Bürgerschaftsfraktion unter dem Vorbehalt der Wahl durch die Abgeordneten. Wahlen zeichneten sich gerade durch Wahlfreiheit aus. Gegen die Entscheidung des OVG ist kein weiteres Rechtsmittel möglich (Beschl. v. 28.11.2023 - 3 Bf 250/21.Z).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
VerfG Hamburg: Antrag der AfD auf Organstreitverfahren über Wahl der Mitglieder der Härtefallkommission unzulässig, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 20.07.2016, becklink 2003905
Göbel-Zimmermann, Härtefallkommissionen als letzter Ausweg aus einem prekären Aufenthalt?, ZAR 2008, 47
Härtefallkommissionen in den Bundesländern, ZAR 2005, 175