Kinder und Jugendliche, die "aus fürsorglichen Gründen" in DDR-Spezialkinderheime oder Jugendwerkhöfe eingewiesen wurden, müssen regelmäßig rehabilitiert werden. Bloße Leerformeln als Begründung dienen laut BVerfG der Verschleierung der zwangsweisen Unterbringung von politisch unbequemen Menschen.
Ein Mann, der als Jugendlicher in den 60er Jahren im Raum Sachsen unter anderem wegen "Schulbummelei" und "asozialem Verhalten" in speziellen Einrichtungen der Umerziehung untergebracht war, musste Verfassungsbeschwerde einlegen, um seine Chancen zu wahren, sich von diesem Makel reinzuwaschen. Auch bei ihm greife, so das BVerfG, die Regelvermutung in § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG, wonach die Unterbringung in diesen Einrichtungen in der Regel auf sachfremden Erwägungen beruhte.
Willkürvorwurf nicht widerlegt
Das BVerfG hob eine Entscheidung des OLG Dresden auf, das § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG nicht angewendet hatte, weil der Jugendliche zwischendurch aufgrund seiner Verhaltensänderung auch in normalen Kinderheimen gewesen war. Diese Differenzierung lasse keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Unterbringung in Einrichtungen, in denen entwürdigende Strafen an der Tagesordnung waren, auch nur ansatzweise verhältnismäßig gewesen wären. Die Nichtanwendung der Vermutungsregel sei ebenfalls willkürlich (Beschl. v. 31.07.2023 - 2 BvR 1014/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
BVerfG, Willkürverbot – nicht nachvollziehbare Auslegung des Begriffs „unbillige Härte“, NJW 2023, 1876
BVerfG, Fehlerhafte Rechtsanwendung und Willkürverbot, BeckRS 2013, 53054