Rinderzüchter dürfen ein ganzjährig im Freien gehaltenes Rind durch Kugelschuss auf der Weide töten. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, dass diese Schlachtmethode der durch Bolzenschuss vorzuziehen sei. Sie sei schmerz-, stress- und leidensfreier für das Rind.
Die Kläger züchten im Nebenerwerb im Freien gehaltene Wagyu-Rinder. Im Jahr 2021 schlachteten sie mit Genehmigung des Rhein-Lahn-Kreises zwei Rinder mittels Kugelschusses auf der Weide. Im Juli 2022 beantragten sie erneut eine solche Genehmigung zur Schlachtung eines Rindes im Herkunftsbetrieb.
Der Rhein-Lahn-Kreis lehnte dies unter Verweis auf Sicherheitsrisiken und einen ministeriellen Erlass ab. Danach sei das Kugelschussverfahren nur im Ausnahmefall zulässig, nämlich dann, wenn die Schlachtung im Standardverfahren mit Bolzenschuss nicht ohne erhebliche Gefährdung für Mensch und/oder Tier durchgeführt werden könne. Insoweit müsse eine Einzelfallprüfung stattfinden. Die Kläger hätten die Notwendigkeit des Kugelschusses nicht belegt.
Einwilligung zu Tötung mittels Kugelschusses zu erteilen
Da über den Widerspruch der Züchter nicht entschieden wurde, verfolgten sie ihr Begehren mit der Untätigkeitsklage weiter. Diese hatte jetzt vor dem VG Koblenz Erfolg. Die Kläger, so die Koblenzer Richter, hätten nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf Erteilung der Einwilligung des Beklagten zur Schlachtung des Rindes im Herkunftsbetrieb mittels Kugelschusses.
Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Das in Rede stehende Rind werde ganzjährig im Freien gehalten. Weitere einschränkende Anforderungen für die Anwendung des Kugelschusses seien abgesehen von dem Erlaubnisvorbehalt der zuständigen Behörde, der unter anderem von einem Sachkundenachweis abhängt, nicht normiert. Der ministerielle Erlass, auf den sich der Beklagte berufe, sei für die Kammer nicht bindend, entschied das Gericht.
Kugelschussverfahren ist das Regelverfahren
Unabhängig davon lasse sich für die darauf gestützte Auffassung des Beklagten, der Bolzenschuss sei dem Kugelschuss vorzuziehen, weder etwas aus dem Wortlaut noch aus den amtlichen Begründungen der einschlägigen Verordnung ableiten. Vielmehr sei das Kugelschussverfahren bei ganzjährig im Freien gehaltenen Rindern als das Regelverfahren anzusehen. Der Kugelschuss entspreche bei korrekter Anwendung dem Gebot der möglichst schmerz-, stress- und leidensfreien Schlachtung mehr als der Bolzenschuss.
Beim Bolzenschussverfahren müsse das Rind hingegen fixiert und ruhiggestellt werden. Dies werde als sehr belastend angesehen. Darüber hinaus bestehe bei Anwendung des Bolzenschusses stets die Gefahr einer Fehlbetäubung. Seien demnach die Voraussetzungen für die Erteilung der Einwilligung des Beklagten zur Schlachtung des in Streit stehenden Rindes mittels Kugelschuss erfüllt, so komme ihm insoweit kein Ermessen zu, betonte das Gericht.
Zum Thema im Internet
Das Urteil im Volltext finden Sie auf der Internetseite der Justiz Rheinland-Pfalz.
Aus der Datenbank beck-online
VG Gießen, Auflagen zur Einwilligung in Weideschlachtungen durch Kugelschuss, BeckRS 2021, 58234
VGH Mannheim, Erlaubnis zum Schießen von Freilandrindern, NVwZ-RR 2001, 380