Eine Personalgestellung im öffentlichen Dienst, bei der das bisherige Arbeitsverhältnis fortbesteht, aber der Beschäftigte dauerhaft bei einem Dritten arbeitet, fällt nicht in den Anwendungsbereich der europäischen Leiharbeitsrichtlinie. Dies betonte der Europäische Gerichtshof im Verfahren um deren (Nicht-)Anwendung auf Dauerarbeitsverhältnisse. Dem Fall lag ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts zugrunde.
Arbeitnehmer widersprach Betriebsteilübergang
Ein Arbeitnehmer prozessierte gegen seine Arbeitgeberin - ein Krankenhaus -, da er seine Arbeitsleistung dauerhaft im Wege der Personalgestellung bei einem Drittunternehmen erbringen sollte, nachdem sein Aufgabenbereich zu diesem verlagert worden war. Trägerin und einzige Gesellschafterin der Beklagten war eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Klinik besaß keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung Anwendung. Die Klinik hatte die Bereiche Poststelle, Archiv und Bibliothek auf eine neu gegründete Service GmbH ausgegliedert. Der Angestellte widersprach dem damit einhergehenden Betriebsübergang und blieb bei der Klinik beschäftigt. Sein Einsatz bei der Service GmbH verstoße gegen die Leiharbeitsrichtlinie.
BAG leitete ein Vorabentscheidungsersuchen ein
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das BAG legte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der Leiharbeitsrichtlinie vor. Zum einen sollte der EuGH klären, ob die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD unter den Schutzzweck und damit in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie (RL 2008/104/EG) fällt. Falls ja, wollte das BAG wissen, ob die Leiharbeitsrichtlinie eine Bereichsausnahme wie die in § 1 Abs. 3 Nr. 2b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelte zulässt. Der EuGH verneinte bereits die erste Frage.
EuGH: Nicht auf Dauerarbeitsverhältnisse anwendbar
Damit ein Arbeitsverhältnis in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie falle, müsse ein Arbeitgeber sowohl bei Abschluss des Arbeitsvertrags als auch bei jeder tatsächlich vorgenommenen Überlassung die Absicht haben, den Arbeitnehmer einem entleihenden Unternehmen "vorübergehend" zur Verfügung zu stellen, so der EuGH. Dies sei hier allerdings weder beim ursprünglichen Abschluss des Arbeitsvertrages noch bei der Ausgliederung selbst der Fall gewesen. Laut EuGH hatte die Klinik zum einen ursprünglich keinerlei Absicht, den Angestellten einem entleihenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen, und zum anderen war dies nicht vorübergehend. Damit seien die mit der Richtlinie verfolgten Ziele der Flexibilität der Unternehmen, der Schaffung neuer Arbeitsplätze oder der Förderung des Zugangs der Leiharbeitnehmer zu unbefristeter Beschäftigung für Dauerarbeitsverhältnisse nicht relevant. Da der Arbeitnehmer dem Übergang habe widersprechen können, benötige er auch nicht den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz eines Leiharbeitnehmers (Urt. v. 22.06.2023 - C-427/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- BAG, Personalgestellung im öffentlichen Dienst – Verstoß gegen die Leiharbeitsrichtlinie, NZA 2021, 1269 (Vorlagebeschluss)
- LAG Rheinland-Pfalz, Personalgestellung nach Übertragung der technischen Betriebsführung im Bereich der Wasserversorgung, BeckRS 2019, 4688