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NVwZ Nachrichten

Beitrag zur IHK Pfalz wegen fehlerhafter Rücklagenbildung rechtswidrig

Von OVG Koblenz | Mai 10, 2023
Die Bei­trä­ge zur In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer (IHK) für die Pfalz waren in den Jah­ren 2019 bis 2021 rechts­wid­rig, da die IHK die Aus­gleichs­rück­la­ge feh­ler­haft ge­bil­det hat. Die Bei­trä­ge zur IHK Ko­blenz im Jahr 2021 seien hin­ge­gen nicht zu be­an­stan­den, stell­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rhein­land-Pfalz in Ko­blenz klar. Die Re­vi­si­on zum Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt wurde wegen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung zu­ge­las­sen.

Firmen klagen gegen Beiträge

Eine Gewerbetreibende aus der Pfalz hatte sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen durch die IHK für die Pfalz für die Jahre 2018 bis 2021 gewandt. Zudem klagte eine Firma aus der Bekleidungsbranche mit bundesweiten Filialen sowohl gegen ihre Veranlagung zu Kammerbeiträgen durch die IHK für die Pfalz für die Jahre 2018 und 2021 als auch durch die IHK Koblenz für das Jahr 2021. Beide Klägerinnen machten geltend, die Beklagten betrieben durch zu hohe Rücklagen eine unzulässige Vermögensbildung.

Klagen teilweise erfolgreich

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße gab beiden Klagen gegen die Beitragserhebung durch die IHK für die Pfalz nur insoweit teilweise statt, als ein Beitrag für 2018 festgesetzt worden ist, weil die von der Beklagten gebildete Digitalisierungsrücklage kein im Jahr 2018 bestehendes finanzielles Risiko abdecke. Im Übrigen wies es die Klagen ab. Das VG Koblenz wiederum wies die Klage gegen die Beitragserhebung durch die IHK Koblenz ab, was das OVG in der Berufung bestätigte. Auf die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des VG Neustadt hob es hingegen die Festsetzung der Kammerbeiträge durch die IHK für die Pfalz bezüglich der Jahre 2019 bis 2021 auf.

Beitragsbescheid der IHK Koblenz rechtmäßig

Mit Blick auf den Beitragsbescheid der IHK Koblenz stellte das OVG klar, dass Beiträge zur Industrie- und Handelskammer von Gesetzes wegen nur insoweit erhoben werden dürften, als die Kosten ihrer Errichtung und Tätigkeit nicht anderweitig gedeckt seien. Sie dürften daher grundsätzlich nicht der Bildung von zweckfreiem Vermögen dienen. Die Bildung von Rücklagen sei an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammerarbeit gebunden und müsse auch in ihrer Höhe von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Kammern dürften daher keine überhöhten Rücklagen bilden und müssten solche baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen, so die OVG-Richter. Hiervon ausgehend sei die Bildung der Ausgleichsrücklage zur Kompensation etwaiger ergebniswirksamer Schwankungen im Wirtschaftsjahr 2021 durch die IHK Koblenz weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

Berechnung der Rücklagenhöhe mittels Softwarelösung zulässig

Laut OVG hat sich die IHK Koblenz auch einer geeigneten Methodik zur Bemessung der Ausgleichsrücklage bedient. Die Höhe der Risikovorsorge, die zugleich die maximal zulässige Obergrenze für die Ausgleichsrücklage darstelle, sei mit Hilfe eines implementierten Risikokalkulationsmodells und einer von Wirtschaftsprüfern geprüften Softwarelösung, dem sogenannten Risiko-Tool, ermittelt worden. Ziel des Risiko-Tools sei es, eine Vorstellung zu erhalten, welches Gesamtrisiko die Kammer eingehe. Je nach Auswahl des sogenannten Konfidenzniveaus (90%, 95%, 99% oder 99,99%) erhalte man eine Information, mit welcher Wahrscheinlichkeit – in Höhe dieses Konfidenzniveaus – das tatsächliche Risiko nicht höher sei als das vom Risiko-Tool ermittelte Gesamtrisiko. Gegen die Anwendung dieser Softwarelösung, die die Industrie- und Handelskammern in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag und einer Unternehmensberatungsgesellschaft zum Zwecke der Berechnung von Risiken für die jährliche Dotierung der Ausgleichsrücklage entwickelt haben, sei nichts einzuwenden.

Wahl eines Konfidenzniveaus von 95% für 2021 zulässig

Auch die konkrete Anwendung des Risiko-Tools im Wirtschaftsjahr 2021 ließ das OVG unbeanstandet. Dies gelte insbesondere für die Wahl eines Konfidenzniveaus von 95%. Zwar sei es grundsätzlich notwendig, eine sachlich begründete Entscheidung für die Wahl des Konfidenzniveaus zu treffen. Eine gesonderte Begründung sei jedoch dann entbehrlich, wenn sich die Beklagte – wie hier die IHK Koblenz – bei der Wahl des Konfidenzniveaus an einem standardisierten und als üblich anzuerkennenden Wert orientiere, mit dem sie gerade zum Ausdruck bringe, dass keine Besonderheiten, insbesondere keine Gründe für eine besonders konservative oder besonders risikofreudige Herangehensweise bestünden. Dies treffe auf das von der beklagten IHK Koblenz gewählte Konfidenzniveau von 95% zu, da insbesondere im Versicherungsbereich, in dem auf ähnliche Prognosemethoden zurückgegriffen werde, mit einem solchen Konfidenzniveau gearbeitet werde.

Höhe der Beitragsbescheide der IHK Pfalz moniert

Hingegen seien die angefochtenen Beitragsbescheide der IHK für die Pfalz rechtswidrig, entschied das OVG. Das Gericht beanstandete hier die Höhe der von der IHK Pfalz gebildeten Ausgleichsrücklagen zur Kompensation etwaiger ergebniswirksamer Schwankungen in den Wirtschaftsjahren 2019 bis 2021. Bei der konkreten Anwendung des Risiko-Tools im Wirtschaftsjahr 2021 habe sich die beklagte IHK für die Pfalz in Kenntnis des Standardwerts von 95% für die Anwendung eines Konfidenzniveaus von 99% entschieden. Insbesondere vor dem Hintergrund des gravierenden Unterschieds zwischen einem Konfidenzniveau von 95% (1,898 Millionen Euro) und einem Konfidenzniveau von 99% (4,379 Millionen Euro) von fast 2,5 Millionen Euro im Wirtschaftsjahr 2021 hätte es wegen der damit verbundenen unterschiedlich starken finanziellen Belastung der Beitragspflichtigen einer aussagekräftigen und belastbaren Begründung für eine Abweichung vom Standardwert bedurft. An einer solchen tragfähigen, sachgerechten Begründung fehle es aber, so die OVG-Richter. Demgegenüber genüge die zudem gebildete Digitalisierungs- beziehungsweise Zinsausgleichsrücklage den rechtlichen Anforderungen (Urt. v. 25.04.2023 - A 11190/22.OVG).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Borrmann, Rechtliche Rahmenbedingungen für zweckgebundene Rücklagen der Industrie- und Handelskammern im Lichte aktueller Rechtsprechung, GewArch 2021, 361
  • VG Koblenz, IHK-Beitrag, Rücklagenbildung, Ermessensüberschreitung, GewA 2014, 116

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