Die früheren jüdischen Anteilseigner an der Bank des Berliner Kassenvereins haben keinen Anspruch auf anteilige Rückübertragung des nunmehr mit dem Probenzentrum der Staatsoper Berlin bebauten Grundstücks nach dem Vermögensgesetz. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Das Grundstück sei in seiner Nutzungsart erheblich verändert worden und es bestehe ein öffentliches Interesse an seiner Nutzung für den Opernbetrieb.
Streit um Grundstück der Berliner Staatsoper
Die Klägerinnen waren jüdische Unternehmen im Sinne der NS-Rassegesetze und hielten Anteile an der Bank des Berliner Kassenvereins. Diese war Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstücks und eines Nachbargrundstücks, auf denen sich ihr Geschäftsgebäude befand. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden auf beiden Grundstücken von 1952 bis 1955 Nebengebäude der Staatsoper errichtet und - über das Jahr 1990 hinaus - für den Opernbetrieb genutzt. Seit 2011 wurden die Nebengebäude umfassend saniert und teilweise nach Abriss eines Magazingebäudes durch Neubauten ersetzt. Die auf dem Nachbargrundstück erhalten gebliebene Südfassade des Magazingebäudes wurde in den Neubau der Barenboim-Said-Akademie integriert.
Vermögensrechtliche Berechtigung jüdischer Unternehmen festgestellt
Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen stellte die vermögensrechtliche Berechtigung der Klägerinnen an beiden Grundstücken fest. Es lehnte jedoch eine anteilige Rückgabe der Grundstücke ab und verwies die Klägerinnen auf Entschädigungsansprüche. Das VG Berlin hat die Klagen hinsichtlich des Nachbargrundstücks abgewiesen, weil dessen Rückgabe wegen der Erhaltung der Südfassade ausgeschlossen sei. Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundstücks hat es den Klagen hingegen stattgegeben. Mit dem vollständigen Abriss des nördlichen Teils des Magazingebäudes sei der Grund für den Ausschluss der Rückübertragung nach § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG entfallen. Die Bundesrepublik Deutschland und die beigeladene Stiftung Oper in Berlin legten Revision ein - mit Erfolg.
BVerwG: Rückübertragung des Grundstücks ist ausgeschlossen
Laut BVerwG ist auch die Rückübertragung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks ausgeschlossen, weil es in den 1950er Jahren durch die Errichtung der Nebengebäude der Staatsoper in seiner Nutzungsart verändert worden sei und ein öffentliches Interesse an seiner Nutzung für den Opernbetrieb bestehe. Der Restitutionsausschlussgrund sei nicht etwa entfallen, weil der Nordteil des Magazingebäudes abgerissen und durch das neue Probenzentrum ersetzt wurde. § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG verlange nicht, dass der erhebliche bauliche Aufwand, mit dem das Grundstück in seiner Nutzung verändert worden sei, in seiner Substanz erhalten bleibe. Vielmehr genüge es, wenn die mit diesem Aufwand herbeigeführte, im öffentlichen Interesse liegende geänderte Nutzung fortbestehe. Hier diene das neu errichtete Probenzentrum ebenso wie zuvor das Magazingebäude dem im öffentlichen Interesse liegenden Opernbetrieb (Urt. v. 29.03.2023 - 8 C 1.22).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- VG Berlin, Streitigkeit um Einräumung von Bruchteilseigentum an Grundstück, BeckRS 2021, 32118 (Vorinstanz zu 8 C 1.22)
- VG Berlin, Streitigkeit um Einräumung von Bruchteilseigentum an Grundstück, BeckRS 2021, 32118, (Vorinstanz zu 8 C 2.22)