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NVwZ Nachrichten

Grenzen der Elterngelderhöhung bei Einkommensausfällen Schwangerer

Von BSG | Mrz 10, 2023
Einer schwan­ge­ren Frau steht kein hö­he­res El­tern­geld zu, wenn sie im Be­mes­sungs­zeit­raum teil­wei­se ar­beits­los war und ihren Beruf aus Grün­den des Ar­beits­schut­zes nach dem Mut­ter­schutz­ge­setz nicht wie­der auf­neh­men konn­te. Nach § 2b Ab­satz 1 Satz 2 Num­mer 3 BEEG komme die Ge­wäh­rung eines hö­he­ren El­tern­gelds nur in Be­tracht, wenn Ur­sa­che des ge­rin­ge­ren Er­werbs­ein­kom­mens eine schwan­ger­schafts­be­ding­te Er­kran­kung war, so das Bun­des­so­zi­al­ge­richt.

Vielzahl befristeter Beschäftigungsverhältnisse als Kameraassistentin

Die Klägerin arbeitet seit 2001 als Kameraassistentin insbesondere bei Filmproduktionen. Wie in der Filmbranche üblich, setzte sich ihre Erwerbsbiografie aus einer Vielzahl von auf die Laufzeit des jeweiligen Filmprojekts befristeten abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zusammen, zwischen denen jeweils Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen. Die letzte dieser Beschäftigungen vor der Geburt ihres Kindes endete im Juli 2017. Anschließend bezog sie Arbeitslosengeld. Nach Feststellung ihrer Schwangerschaft im August 2017 konnte sie die körperlich anspruchsvollen Tätigkeit als Kameraassistentin aus Gründen des Arbeitsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz nicht mehr ausüben. In den Monaten Januar bis Februar 2018 bezog sie Mutterschaftsgeld.

Streit um Bemessungszeitraum für Elterngeldberechnung

Der beklagte Landkreis bewilligte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld. Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens zog er die Monate Januar bis Dezember 2017 heran. Entsprechend den vorgelegten Lohnbescheinigungen berücksichtigte er das Erwerbseinkommen für die Monate Januar bis Juli 2017. Die Monate der Arbeitslosigkeit von August bis Dezember 2017 brachte er jeweils mit null Euro in Ansatz. Mit ihrer Klage machte die Frau geltend, dass der Beklagte ihr Bemessungseinkommen zu niedrig festgesetzt habe. Bei der Berechnung ihres vorgeburtlichen Erwerbseinkommens dürften keine Zeiträume berücksichtigt werden, in denen sie arbeitslos und schwangerschaftsbedingt an der Wiederaufnahme ihres Berufs gehindert gewesen sei.

Regelung für schwangerschaftsbedingte Erkrankung analog anwendbar?

Das SG hat die Klage abwiesen. Zwar blieben gemäß § 2b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 BEEG jene Kalendermonate unberücksichtigt, in denen Frauen maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt krank gewesen seien und dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit gehabt hätten. Die Klägerin sei aber nicht krank, sondern arbeitslos gewesen. Sie hätte zwar nicht als Kameraassistentin arbeiten, aber andere körperlich weniger belastende Tätigkeiten ausüben können. Das LSG hat die Entscheidung des SG aufgehoben und den Beklagten verurteilt, Elterngeld auf der Grundlage eines auf die Zeit von August 2016 bis Juli 2017 zurückverschobenen Bemessungszeitraums zu zahlen. § 2b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 BEEG sei auf den vorliegenden Fall analog anwendbar. Dafür spreche auch der verfassungsrechtliche Anspruch von schwangeren Frauen auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft.

BSG: Keine planwidrige Regelungslücke

Die Revision des Beklagten war nun erfolgreich. Das BSG hat das klageabweisende Urteil des SG wiederhergestellt. Die Klägerin könne nicht beanspruchen, dass die Monate der Arbeitslosigkeit vor der Geburt ihres Kindes bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben und durch frühere Monate mit Erwerbseinkommen ersetzt werden, wie dies bei einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung vorgesehen ist. Eine solche Erkrankung habe bei ihr nicht vorgelegen. Die gesetzliche Regelung sei auch nicht entsprechend anzuwenden. Hierfür fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Der Gesetzgeber habe abschließend geregelt, welche Tatbestände eine Verschiebung des Bemessungszeitraums für die Berechnung des Elterngelds ermöglichen. Dies gelte gerade auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Arbeitslosigkeit. Der Gesetzgeber habe das wirtschaftliche Risiko von Arbeitslosigkeit bei der Regelung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung ohne Verfassungsverstoß der Sphäre der Elterngeldberechtigten zuweisen dürfen (BSG, Urteil vom 09.03.2023 - B 10 EG 1/22 R).

 

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • LSG Niedersachsen-Bremen, Nichtberücksichtigung von Kalendermonaten mit schwangerschaftsbedingten Einkommensausfällen bei der Elterngeldberechnung, BeckRS 2022, 1400 (Vorinstanz)

 

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