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Richterwahl BVerfG – eine unerträgliche politische „Posse“

Professor Dr. Dr. h.c. Lothar Knopp, Cottbus/Heidelberg

17/2025

Während noch im Dezember 2024 Bundestag und Bundesrat einen ersten wichtigen Schritt insbesondere zur Absicherung der Unabhängigkeit des BVerfG durch grundlegende Verfassungsänderungen vorgenommen haben, ist das eigentliche Wahlverfahren nach wie vor politischen Entscheidern (Bundestag/Bundesrat) vorbehalten. Der Wahlakt gründet sich bei vom Bundestag zu berufenden Richterinnen und Richtern auf den Vorschlag des Wahlausschusses und beim Bundesrat ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen erforderlich. Dieses Wahlprozedere hat auch die Entstehung der „Causa“ der Potsdamer Universitätsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf begünstigt, deren Nominierung durch die SPD-Fraktion im Bundestag für das höchste Richteramt auf massive Ablehnung durch CDU/CSU und AfD stieß, begründet im Wesentlichen mit ihrer angeblichen Auffassung zu Themen wie Abtreibung, AfD-Parteiverbot und Impfpflicht in der Corona-Pandemie.

Seit Wochen beherrscht diese Thematik die öffentliche Diskussion und beschädigt massiv nicht nur die vorgeschlagene Rechtsprofessorin, sondern auch das parlamentarische System im Umgang mit Wahlvorschlägen für das Richteramt beim BVerfG. Zugleich tritt in diesem Fall eine gravierende Schwäche des Wahlsystems zutage: Gesetzlich geregelt ist allein das formale Prozedere zur Richterwahl, dagegen bleibt weitgehend im „Dunkeln“, welche persönlichen Anforderungen an Richterinnen und Richter zu stellen sind. Die der eigentlichen Wahl vorgelagerte Personalauswahl basiert in der Regel auf internen Vorabsprachen der regierenden Parteien bei gleichzeitiger Koordination von Bundestag und Bundesrat. Je mehr Parteien dagegen in den Bundestag einziehen, desto schwieriger gestaltet sich eine solche Abstimmung, die gerade auch von den jeweiligen politischen Interessen dominiert wird. Soweit aber nach wie vor Professorinnen und Professoren des Staatsrechts als wählbar für das Richteramt politisch einvernehmlich zugelassen werden, kann sich ein scheinbares „Spannungsverhältnis“ zwischen der richterlichen Unparteilichkeit und professoraler Auffassung im Einzelfall ergeben. Bewegen sich derartige professorale Äußerungen aber im Rahmen der Ausübung des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 III 1 GG), ist dies hinzunehmen. Das bedeutet jedenfalls nicht, dass die betreffende Person von vorneherein ungeeignet für das Richteramt wäre. Denn gefordert ist bei diesem Amt in erster Linie hohe juristische Professionalität im Umgang mit Verfassungsfragen, die im Gericht überzeugend vertreten werden müssen und nicht die Einbringung eigener „Werteauffassungen“, die ggf. auch politisch gefärbt sind. Es wäre nunmehr den Regierungskoalitionären dringend anzuraten gewesen, wie es inzwischen schon aus prominentem Mund gefordert wurde, so z.B. der brandenburgische MP Dietmar Woidke, diesem beschämenden „Spektakel“ durch Rücknahme aller drei Wahlvorschläge ein Ende zu bereiten, bevor die Unfähigkeit der politischen Koalitionäre, sich im Vorfeld auf geeignete Personen für einen Wahlvorschlag zu verständigen, in ein Wahldebakel mündet mit noch weitaus größerem Schadenspotential für alle Beteiligten als bisher. Diesem Prozedere ist offensichtlich die Potsdamer Professorin zuvorgekommen, indem sie mitteilen lässt, dass sie für das Richteramt nicht mehr zur Verfügung stehe, was aber die bereits eingetretenen Beschädigungen ihrer Person und des parlamentarischen Systems nicht ungeschehen macht.

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