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Corona-Demo: Anweisungen der Polizei dürfen aufgenommen werden

Redaktion beck-aktuell
Po­li­zei­li­che Auf­for­de­run­gen an De­mons­tran­ten auf einem Markt­platz sind öf­fent­lich ge­spro­che­ne Worte. Wenn ein Teil­neh­mer die Be­am­ten dabei filmt, liegt darin laut VG Frank­furt des­halb keine Straf­tat.

Ein Mann auf einem Marktplatz in Hessen filmte 2021 einen Einsatz von zwei Polizisten, die sich bemühten, die damals herrschenden Abstandsregelungen unter rund 70 Teilnehmern einer Demo durchzusetzen. Nachdem einer der Beamten das bemerkte, warf er dem Mann vor, das nichtöffentlich gesprochene Wort aufgenommen und damit gegen § 201 StGB verstoßen zu haben. Daraufhin löschte der Demonstrationsteilnehmer das Video. Der Polizist nahm seine Personalien auf und erteilte ihm einen Platzverweis. Auf dem Weg zum angrenzenden Parkplatz sprach der Mann noch mit weiteren Personen, bis er vom Polizisten in Gewahrsam genommen wurde, weil er dem Platzverweis nicht gefolgt sei.

Einen Monat später verlangte das Land Hessen 106 Euro von ihm für den Transport und die Ingewahrsamnahme. Die Polizei begründete ihren Bescheid so: Die Ingewahrsamnahme sei erforderlich gewesen, weil er nach einer begangenen Straftat dem Platzverweis nicht nachgekommen sei. Dagegen erhob der Mann Klage zum VG Frankfurt (Urteil vom 27.02.2025 – 5 K 2305/21.F) – mit Erfolg.

Ein entscheidender Unterschied: Gefahrenabwehr versus Straftatverfolgung

Das VG fand schon den Platzverweis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 HSOG rechtwidrig, weil keinerlei Gefahr von dem Demonstranten ausgegangen war: Die polizeiliche Aufforderung, die Abstände einzuhalten, ist dem Gericht zufolge öffentlich. Auf einem frei zugänglichen Marktplatz, auf dem sich bis zu 70 Menschen – wenn auch locker verteilt – aufhalten, herrsche eine "faktische Öffentlichkeit", weil der Zuhörerkreis nicht geschlossen sei. Daher liege im Filmen der Polizisten keine Straftat nach § 201 StGB, der nur das vertraulich gesprochene Wort schützt.

Auch waren, so das Gericht weiter, die polizeilichen Maßnahmen, die dem Kostenbescheid zugrunde lagen, rechtswidrig. Der Verdacht auf eine bereits vollendete Straftat, so das VG, begründe grundsätzlich erst mal keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die richtige polizeiliche Reaktion hierauf seien repressive Maßnahmen nach der StPO. Ein Platzverweis als Maßnahme der Gefahrenabwehr hingegen benötige eine zukünftige Gefahr. Hier habe der Mann den Film auf Ansprache gelöscht und einen Anhaltspunkt dafür, dass er die Beamten noch einmal filmen würde, gab es dem VG zufolge nicht. Gleichwohl habe die Polizei ihren Kostenbescheid auf die vermeintlich begangene Straftat gestützt.

Das VG kam zu dem Schluss: Der Film war nicht strafbar, der Platzverweis war rechtswidrig und die Ingewahrsamnahme, um den Platzverweis durchzusetzen, war deshalb auch rechtswidrig. Ein hierauf gestützter Kostenbescheid könne nicht rechtmäßig sein. Man müsse deshalb gar nicht erst prüfen, ob der Mann, der sich zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme am Rand des Marktplatzes auf dem Zugang zum Parkplatz befunden hatte, dem Platzverweis nicht doch nachgekommen war.

Mehr zum Thema

Aus der Datenbank beck-online

OLG Zweibrücken, Audioaufnahme von polizeilicher Personalienfeststellung, NJW 2022, 3300

LG Osnabrück, Aufhebung eines Beschlagnahmebeschlusses, BeckRS 2021, 28838 (Handybeschlagnahme nach Filmen eines Polizeieinsatzes)

Kirchhoff, Polizeiliche Maßnahmen bei Film- und Fotoaufnahmen, NVwZ 2021, 1177

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