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Nächster "Pakt für den Rechtsstaat": Bund sagt über 400 Millionen weitere Mittel zu

Redaktion beck-aktuell
Es ist nicht das erste Ver­spre­chen einer Bun­des­re­gie­rung, viel Geld in den Rechts­staat zu in­ves­tie­ren. Jus­tiz­mi­nis­te­rin Ste­fa­nie Hubig will nun mit einer gro­ßen Summe für per­so­nel­le und tech­ni­sche Aus­stat­tung die Ge­rich­te zu­kunfts­fä­hig ma­chen.

Die Bundesregierung will mehr Geld bereitstellen, um die Funktionsfähigkeit der Justiz zu sichern. Der "Pakt für den Rechtsstaat" werde im kommenden Jahr neu aufgesetzt, sagte Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) laut den Montagsausgaben den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Länder erhalten rund eine halbe Milliarde Euro in den nächsten vier Jahren für die Schaffung zusätzlicher Stellen in der Justiz und für die Digitalisierung der Justiz", kündigte Hubig demnach an. Damit werde die Unterstützung im Vergleich zum Vorläufer-Pakt verdoppelt.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte den Funke-Zeitungen, die Staatsanwaltschaften müssten gut ausgestattet sein, um etwa gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung mit aller Konsequenz vorgehen zu können. "Keiner, der die Allgemeinheit betrügt, soll davonkommen können. Auch dafür stärken wir die Justiz."

Auch Hubig sagte: "Ein starker Rechtsstaat muss für jede und jeden spürbar und sichtbar funktionieren – jeden Tag." Grundvoraussetzung sei eine leistungsstarke, verlässliche und effiziente Justiz. Die Strafjustiz müsse veränderten Kriminalitätsmustern des 21. Jahrhunderts begegnen.

Hubig: "Wer recht hat, muss auch Recht bekommen"

Notwendig seien auch Asylverfahren und eine funktionierende Zivilgerichtsbarkeit. "Denn wer recht hat, muss auch Recht bekommen – egal ob im Nachbarschaftsstreit, im Bauprozess oder in mietrechtlichen Fragen", sagte die SPD-Ministerin.

Nach Funke-Informationen aus dem Justizministerium sollen in dieser Wahlperiode 240 Millionen Euro für die personelle Stärkung der Justiz bereitgestellt werden. Sie sollen den Bundesländern in zwei Tranchen zur Verfügung gestellt werden, voraussichtlich in den Jahren 2026 und 2028.

Zur Beschleunigung der Digitalisierung sollen für die Jahre 2027 bis 2029 insgesamt bis zu 210 Millionen Euro – also 70 Millionen Euro jährlich – fließen. Wie die Mittel konkret eingesetzt werden, muss noch mit den Ländern abgestimmt werden.

"Bund und Länder dürfen sich nicht im Grundsätzlichen verhaken"

Der Deutsche Richterbund begrüßte die Ankündigung. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn erklärte am Montag: "Die Bundesregierung hält Wort und macht den Rechtsstaatspakt zu einem Schwerpunkt ihres politischen Handelns." Nun seien die Bundesländer gefordert, ihren Teil des Rechtsstaatspakts zu erfüllen und konkrete Zusagen für neue Stellen in der Justiz zu machen.

Bundesweit fehlen Rebehn zufolge rund 2.000 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Strafrichterinnen und -richter. Strafverfahren dauerten daher immer länger, überlastete Staatsanwaltschaften müssten immer öfter Fälle einstellen. Dort gebe es fast eine Million unerledigte Akten. "Die Strafjustiz wird mehr und mehr zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung", stellte Rebehn fest.

Auch die Neue Richter*innenvereinigung (NRV) begrüßte auf Anfrage von beck-aktuell das Vorhaben Hubigs und sieht Grund zur Hoffnung, dass die zusätzlichen Millionen spürbare Entlastung für Justiz und Rechtssuchende bringen werden. Gleichwohl sei es schwer, den Effekt genau vorherzusagen, "weil die Situation in den Ländern sehr unterschiedlich ist und die Frage, wie genau die Verteilung erfolgt und ob die Zuweisung an die Schaffung von konkreten Stellen gebunden ist, noch nicht geklärt ist", teilte NRV-Sprecher und Präsident des LG Lübeck Carsten Löbbert mit. "Jedenfalls aber sind das ordentliche Beträge, die sicher etwas bewirken werden. Der Ansatz von Frau Hubig ist deswegen sehr zu begrüßen."

Nun komme es darauf an, "dass sich Bund und Länder nicht mehr im Grundsätzlichen verhaken, sondern jetzt konkrete Projekte voranbringen können", so Löbbert. "Wichtig ist aber zu wissen, dass es nicht nur um Geld geht. Es muss auch dringend eine Standardisierung im Bereich der IT erreicht werden. Hier muss der Bund, am besten in Abstimmung mit den Ländern, notfalls aber auch ohne, klare Vorgaben machen", fordert er. Die Schnittstellen zwischen den Ländern müssten reibungslos funktionieren und es müsse klar sein, "welche Standards Arbeitsplätze, Sitzungssäle und ähnliches haben. Im IT-Bereich muss der Flickenteppich beseitigt werden."

DAV: Effizienz nicht auf Kosten des Rechtsschutzes

Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) betont, dass neben mehr Personal vor allem die technische Ausstattung der Justiz verbessert werden müsse. "Die deutsche Justiz ist technisch nicht auf der Höhe der Zeit", sagt DAV-Vizehauptgeschäftsführer Swen Walentowski. Noch sei unklar, ob die elektronische Akte wie geplant ab 2026 flächendeckend eingeführt werden könne. "Dass der Bund nun also weiter unterstützen will, um die Entwicklung voranzutreiben, ist konsequent." Wichtig sei vor allem eine einheitliche digitale Umgebung in Verbindung mit der geplanten Bundesjustizcloud. Unterstützende KI-Anwendungen sind laut DAV "ein wichtiger Schritt". "Mündliche Verhandlungen per Videokonferenz müssen technisch bei allen Gerichten möglich sein", forderte Walentowski.

Bei allem Streben nach einer effizienteren Justiz dürfe aber eines nicht vergessen werden: "Die Reformen sollen den Rechtsuchenden dienen und sie nicht einschränken", mahnt Walentowski. Vorschläge wie höhere Streitwertgrenzen, die Begrenzung des Zugangs zur zweiten Instanz oder ausgeweitete Präklusionsfristen könnten den Rechtsschutz schwächen. Der DAV plädiert stattdessen dafür, die bestehende Prozessleitungsbefugnis der Richterinnen und Richter stärker zu nutzen, um Verfahren frühzeitig zu strukturieren und effizient zu führen.

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