Das BVerwG bejaht das grundsätzlich. Zumindest stehe die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht entgegen. Diese sperre nach einem als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrag lediglich die (Neu-)Erteilung, nicht aber die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (Urteil vom 24.07.2025 – 1 C 2.24).
§ 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG regelt: Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 AsylG abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 6 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer ihn "nur zur Verzögerung oder Behinderung der Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehenden Entscheidung, die zu seiner Abschiebung führen würde, gestellt hat".
So aber lag es hier: Der 1983 geborene türkische Staatsangehörige war bereits als Kind im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland eingereist. Er besaß eine Aufenthaltserlaubnis, die 2015 aber auslief. Als er eine Verlängerung begehrte, wurde dies abgelehnt. Die zuständige Behörde sah ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse. Damals war der Türke Mitglied einer islamistischen Vereinigung; gegen ihn wurde wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Als während des Klageverfahrens ein Abschiebungsversuch eingeleitet wurde, beantragte der Mann Asyl; der Antrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
VG bejaht Titelerteilungssperre
Das VG hat seine Klage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgewiesen. Angesichts seines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dürfe ihm gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden.
Sodann wurde der Türke wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Während des Strafverfahrens hatte er sich von dem inzwischen verbotenen und aufgelösten Verein und seinen Zielen distanziert. Er hatte mit den Strafverfolgungsbehörden kooperiert, ein Geständnis abgelegt und bekräftigt, er habe mit der Sache abgeschlossen und schäme sich für die Taten.
OVG und BVerwG: Sperre greift nicht
Um seine Aufenthaltserlaubnis doch noch verlängert zu bekommen, ging der Mann gegen das VG-Urteil in Berufung. Mit Erfolg: Das OVG verpflichtete die Behörde, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers auf der Grundlage der § 35 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 und Satz 3 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bis zum Ablauf der Bewährungszeit zu verlängern. Anders als das VG meinten die Richterinnen und Richter, die Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG greife hier nicht. Diese stehe nur der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen. Hier stehe aber ihre Verlängerung im Raum.
In diesem Punkt gibt das BVerwG der Vorinstanz recht. Die besagte Titelerteilungssperre sei hier nicht anwendbar. Einem Verlängerungsbegehren könne vielmehr – im Einklang mit der speziellen Vorschrift des § 10 Abs. 2 AufenthG – trotz eines Asylantrags des Ausländers entsprochen werden. Das gelte auch nicht nur während des Asylverfahrens, sondern auch dann, wenn der Asylantrag bereits bestandskräftig abgelehnt worden sei, so das BVerwG.
Die Aufenthaltserlaubnis verlängert bekam der Ausländer hier aber trotzdem nicht: Anders als das OVG sah das BVerwG die tatbestandlichen Voraussetzungen der privilegierenden Rechtsgrundlage des § 35 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 AufenthG nicht gegeben. Zwar könne die Aufenthaltserlaubnis des Mannes möglicherweise gemäß § 34 Abs. 3 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen verlängert werden. Entscheiden konnte das BVerwG das aber nicht, weil ihm dazu tatsächliche Feststellungen fehlten. Es verwies das Verfahren daher an das OVG zurück (Urteil vom 24.07.2025 - 1 C 2.24).
Aus der Datenbank beck-online
VG Karlsruhe, Titelerteilungssperre, Ausweisungsinteresse, Betäubungsmitteldelikt, Cannabisprodukt, ZAR 2024, 133
OVG Berlin-Brandenburg, Ausweisungsinteresse bei Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, BeckRS 2024, 3590 (Vorinstanz)
BVerwG, Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 AufenthG, NVwZ 2010, 386