Unübersehbar prangte ein Kruzifix im Eingangsbereich eines Gymnasiums. Zwei Schülerinnen fühlten sich in ihrer Glaubensfreiheit verletzt und bekamen vor dem VGH München recht. Die CSU reagiert entspannt und spricht von einer Einzelfallentscheidung, weil das Kruzifix sehr groß gewesen sei.
Zwei Schülerinnen hatten während ihrer Schulzeit die Entfernung eines Holzkreuzes beantragt, das im Haupteingangsbereich ihres Gymnasiums an einem Stützpfeiler neben der Haupttreppe angebracht war. Das Kruzifix war 150 cm hoch und 50 cm breit, mit einer Darstellung des gekreuzigten Christus von 30 cm Höhe und 25 cm Breite. Die Schule lehnte den Antrag ab, woraufhin die Schülerinnen klagten.
Der BayVGH stellte fest, dass die Konfrontation mit dem Kruzifix als religiösem Symbol einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen darstellt (Urteil vom 08.07.2025 – 7 BV 21.336). Die Weigerung der Schule, das Kruzifix zu Schulzeiten der Klägerinnen zu entfernen, sei rechtswidrig gewesen. Die Schülerinnen seien aufgrund der Schulpflicht zwangsweise und wiederkehrend sowie ohne zumutbare Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert worden. Das groß dimensionierte Kruzifix sei an einer sehr exponierten Stelle angebracht und zeichne sich durch eine figurenhaften Darstellung des Leichnams Jesu aus.
Ob die Anbringung eines Kruzifixes durch ein vom Bayerischen Landtag zu verabschiedendes Gesetz legitimiert werden könnte, ließ der VGH offen. Denn für Gymnasien gebe es gegenwärtig keine solche gesetzliche Regelung.
Alternativunterricht rechtmäßig
Außerdem waren die beiden Schülerinnen nicht damit einverstanden, dass sie in den Zeiten, in denen Schulgottesdienste stattfanden, an denen sie nicht teilnehmen mussten, stattdessen einen Ethikunterricht besuchen mussten. In diesem Punkt scheiterten sie allerdings vor dem VGH.
Die Pflicht zur Teilnahme an einem Alternativunterricht während der Schulgottesdienste sei rechtmäßig, so die Münchner Richterinnen und Richter. Der Besuch von Schulgottesdiensten könne den Schülerinnen und Schülern zwar nicht vorgeschrieben werden. Daraus könne jedoch kein Anspruch abgeleitet werden, für die Dauer des Schulgottesdienstes vom Unterricht befreit zu werden. Ein Alternativunterricht, der sich mit allgemeinen Themen aus dem Fach Ethik befasse, stelle sicher, dass alle Schülerinnen und Schüler gleich behandelt werden. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Pflicht zur Teilnahme am Alternativunterricht die Schülerinnen zum Besuch des Schulgottesdienstes anhalten sollte.
CSU betont Einzelfallcharakter der Entscheidung
Klaus Holetschek, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion, erklärte, er respektiere die Entscheidung, bedauere sie jedoch. Er betonte, dass Bayern ein Land der Vielfalt und Toleranz sei, aber auch eine christlich-abendländische Prägung habe. Das Kreuz stehe nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.
Holetschek stellte klar, dass die Grundsatzentscheidung der Bayerischen Staatsregierung, Kreuze in staatlichen Gebäuden anzubringen, durch das Urteil nicht infrage gestellt werde. Der BayVGH habe die besonderen Umstände des Einzelfalls betont, insbesondere die exponierte Platzierung und die konkrete Ausgestaltung des Kruzifixes. Es bestehe keine Notwendigkeit, allgemeine Vorschriften oder Verwaltungsregelungen zu ändern, so der Politiker.
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Aus der Datenbank beck-online
EGMR, Kruzifix in Klassenzimmern, NVwZ 2011, 737 (m. Anm. Fremuth)
BVerfG, Anbringen von Kruzifixen in staatlichen Pflichtschulen als Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 GG, NJW 1995, 2477