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Ex-BVerfG-Präsident Papier warnt vor AfD-Verbotsverfahren

Redaktion beck-aktuell
Der frü­he­re Prä­si­dent des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts Hans-Jür­gen Pa­pier hat sich skep­tisch zu For­de­run­gen nach einem AfD-Ver­bots­ver­fah­ren ge­äu­ßert. Er warnt: Ein Schei­tern wäre ein schwe­rer Rück­schlag für die De­mo­kra­tie – und nütze wo­mög­lich ge­ra­de jenen, die man ju­ris­tisch be­kämp­fen wolle.

Papier äußerte zudem Zweifel am Vorgehen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), das die AfD vor knapp zwei Wochen als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" einstufte. Im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte er, er hätte sich gewünscht, dass die Begründung für diese Bewertung "transparenter dargestellt werden" – statt sie scheibchenweise über Zitate in den Medien bekannt zu machen. Das der Einstufung zugrundeliegende Gutachten hat der Verfassungsschutz noch nicht veröffentlicht. Aus Papiers Sicht wirke die Einstufung "weit über ihre unmittelbare rechtliche Bedeutung hinaus" – und zwar "faktisch, politisch und psychologisch zulasten der Partei".

Mit Blick auf die Forderungen aus Politik und Zivilgesellschaft nach einem AfD-Verbotsantrag beim BVerfG mahnte Papier zur Zurückhaltung. Zwar sei das Parteiverbot ein legitimes Instrument zum Schutz der Demokratie – zugleich aber ein "an sich demokratiefremdes, autoritäres Mittel", so der Ex-Verfassungsrichter. Ein solcher Eingriff greife tief in den politischen Willensbildungsprozess ein und verändere den parteipolitischen Wettbewerb grundlegend.

Verbotsverfahren dürfte nicht scheitern

Antragsberechtigte Verfassungsorgane müssten vorab mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" vom Erfolg des Verbotsverfahrens überzeugt sein, betonte Papier. Andernfalls drohe ein "politisch höchst abträglicher Fehlschlag" – ein solcher Misserfolg könne der AfD in die Hände spielen.

Papier stellte klar, dass der Staat zwar verfassungsfeindlichen Kräften entgegentreten müsse – dabei aber nicht selbst demokratische Prinzipien verletzen dürfe. "Andererseits darf das Parteiverbotsverfahren auch nicht eingesetzt werden, um unliebsame politische Konkurrenz auszuschalten und damit im Grunde die Demokratie zu gefährden, wenn auch in guter Absicht", warnte er.

AfD-Hochstufung vorerst ausgesetzt

Derzeit ist die Hochstufung der AfD von Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung rechtlich ausgesetzt. Nach einer Klage der Partei vor dem VG Köln gab das Bundesamt für Verfassungsschutz im Rahmen eines Eilverfahrens eine sogenannte Stillhaltezusage ab. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung wird die Partei nicht als "gesichert rechtsextremistisch", sondern weiterhin lediglich als Verdachtsfall geführt. Die ursprüngliche Pressemitteilung des BfV zur neuen Einstufung wurde von dessen Website entfernt.

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Haratsch, Der Angriff des Populismus auf Demokratie und Rechtsstaat, DÖV 2025, S. 365

Boehme-Neßler, Beobachtung der AfD – Scheitern am Paradox der wehrhaften Demokratie, NVwZ-Beilage 2024, 89

Barczak, Verfassungsmäßige Ordnung und freiheitliche demokratische Grundordnung, JuS 2025, 97

Huber, Die AfD als nachrichtendienstlicher Verdachtsfall, NVwZ 2023, 225

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