Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Thomas Schröer LL.M.
Ist das die Trendwende im Wohnungsbau? Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der Baugenehmigungen im Januar 2025 im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast sieben Prozent auf 18.000 Wohneinheiten. Es handelt sich um den größten Zuwachs seit Beginn der Krise Anfang 2022 sowie um den zweiten Anstieg in Folge. Bereits im Dezember 2024 hatte es ein Plus von über fünf Prozent gegeben. Diesen Aufwärtstrend möchten manche Bundesländer mit Erleichterungen für den Wohnungsbau unterstützen. Drei Musterschüler gehen voran:
Die Reise auf der Suche nach Aktivitäten zur Stärkung des Wohnungsbaus startet in Hamburg. Die Hansestadt hat eine wissenschaftlich begleitete Initiative für kostenreduziertes Bauen ergriffen, um darüber einen neuen „Hamburg-Standard“ zu entwickeln. Sie hat drei Handlungsfelder identifiziert, um die Baukosten drastisch zu senken. Vorgesehen sind kostenreduzierte Baustandards, Optimierungen von Planungen sowie beschleunigte Verfahren. Im Kern geht es um eine Reduzierung der normativen Anforderungen in den Bereichen Brandschutz, Schallschutz, Barrierefreiheit sowie bei energetischen Vorgaben. Gesetzliche Ermessensspielräume sollen konsequent zugunsten der Kostensenkung genutzt werden.
An Hessen führt derzeit im Wohnungsbau kein Weg vorbei. Die vom zuständigen Ministerium einberufene Kommission „Innovation im Bau“, der Praktiker und Bauexperten angehören, hatte Ende 2024 ein Eckpunktepapier mit zwanzig Reformvorschlägen vorgestellt. Es umfasst innovative Lösungen für die Umnutzung von Bestandsgebäuden sowie für Dachausbauten, Aufstockungen und vereinfachte Genehmigungsverfahren. Jetzt hat das Ministerium den darauf beruhenden Entwurf einer Novelle der Hessischen Bauordnung vorgestellt, der zügig in Kraft treten soll. Die wichtigste Forderung der Experten ist darin allerdings nicht enthalten. Sie hatten eine Experimentierklausel vorgeschlagen, wonach die Stellplatzpflicht bei neuen Wohnbauvorhaben landesweit bis Ende 2030 entfällt. Aufgrund des Widerstandes der hessischen Kommunen sieht die Novelle aber nur eine Deckelung der Stellplatzpflicht in Großstädten vor.
Die kurze Deutschlandtour endet in Baden-Württemberg. Dort hat der Landtag am 13.3.2025 das „Gesetz für das schnellere Bauen“ beschlossen (LT-Drs. 17/8488). Kern der Novelle ist eine Änderung der Bauordnung mit dem Ziel, das Bauen schneller, einfacher und kostengünstiger zu machen. Hierzu werden überflüssige Standards abgebaut sowie Inhalt und Reichweite des Bestandsschutzes klarer geregelt, um das Weiterbauen im Bestand zu vereinfachen. Zudem wird eine Genehmigungsfiktion im vereinfachten Verfahren eingeführt, das künftig für alle Bauvorhaben mit Ausnahme von Sonderbauten gilt.
So löblich die Initiativen der Bundesländer sind, gäbe es doch einen besseren Weg, um bundesweit die Baukosten zu senken: Hierzu müssten alle Bundesländer ihre Bauordnungen in einer konzertierten Aktion zu einem bestimmten Stichtag auf den neuen Stand der Musterbauordnung vereinheitlichen. Praktisch wird das aber nicht passieren, weil die souveränen Landesparlamente in ihren Bauordnungen Standortvorteile und Individualisierungspotenziale sehen. Das ist der Preis des Föderalismus.
