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Die neue Härte: Straf- und Migrationsrecht im Koalitionsvertrag

Redaktion beck-aktuell, Maximilian Amos
Der Ko­ali­ti­ons­ver­trag zwi­schen SPD und Union steht und wid­met dem Thema Mi­gra­ti­on viel Platz: Zu­rück­wei­sun­gen an den deut­schen Gren­zen, be­schränk­ter Rechts­schutz, ef­fi­zi­en­te­re Ab­schie­bun­gen - hier zeigt die Union Härte. Doch auch im Straf­recht soll nach­ge­schärft wer­den.

Die Migration war eines der, wenn nicht das bestimmende Thema des vergangenen Wahlkampfes, vor allem für die Union. Dementsprechend wichtig war es für den designierten Kanzler Friedrich Merz, hier Erfolge präsentieren zu können. Und in der Tat findet sich im Koalitionsvertrag einiges von dem, was die Union vorab für einen "Politikwechsel" gefordert hatte. Man wolle "alle rechtsstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren" heißt es im Vertrag.  

Neben der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre, der sich auch schon in Merz‘ berüchtigtem Zustrombegrenzungsgesetz fand, dessen Beschluss im Bundestag seinerzeit scheiterte, steht auch anderweitig eine neue Härte im Blickpunkt. Zentral ist dabei sicherlich die Zurückweisung an den deutschen Staatsgrenzen, die – wie es schon nach den Sondierungen hieß – "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn" vorgenommen werden sollen. Ob das Zustimmung oder bloße Information impliziert, scheint weiter nicht abschließend ausverhandelt. Bis das europäische Asylsystem wieder funktioniere, werde man jedenfalls die Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen fortsetzen. Weiterhin sollen Asylverfahren schneller und effizienter ablaufen. Im Raum stehen etwaige Rechtsmittelbeschränkungen und auch besondere Verwaltungsgerichte für Asylrechtssachen. Zudem soll im Asylrecht der Beibringungsgrundsatz statt dem Amtsermittlungsgrundsatz gelten. Weiterhin wollen Union und SPD die auf EU-Ebene beschlossene GEAS-Reform noch in diesem Jahr umsetzen

Kein zwingender Rechtsbeistand bei Abschiebung mehr

Bei schweren Straftaten mit Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe soll es künftig eine Regelausweisung geben. Interessant: Als Beispiele für eine solche werden neben Gewaltdelikten u. a. auch der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte oder die Volksverhetzung angeführt. Schließlich soll auch der Abschiebungsvorgang effizienter werden. Dazu wollen die Koalitionäre den verpflichtend beigeordneten Rechtsbeistand vor Vollzug der Abschiebung abschaffen und einen dauerhaften Arrest für ausreisepflichtige Gefährderinnen und Gefährder sowie Straftäterinnen und Straftäter ermöglichen.

Eine Kehrseite hat die neue Härte im Asylrecht indes: Geflüchtete, die einen Schutzanspruch haben, sollen künftig schneller und besser integriert werden. Dazu will man Hürden für die Beschäftigungsaufnahme abbauen und Arbeitsverbote auf maximal drei Monate reduzieren. Auch der Zugang qualifizierter Menschen zum Arbeitsmarkt soll einfacher werden. Wirklich ausbuchstabiert ist hier aber noch wenig.

Sanktionen gegen Plattformbetreiber bei Deepfakes geplant

Im Straf­recht zeigt sich, dass Union und SPD im Law-and-order-Be­reich oh­ne­hin nie weit aus­ein­an­der­la­gen. Dem­entspre­chend fin­den sich – trotz eines Be­kennt­nis­ses, das Straf­recht zu mo­der­ni­sie­ren und, wo mög­lich, zu ent­schla­cken – di­ver­se Ver­schär­fun­gen, etwa beim Schutz von Ret­tungs- und Si­cher­heits­kräf­ten (§§ 113-115 StGB).  

Auch im Cyber-Straf­recht will die neue Re­gie­rung nach­le­gen, u. a. bei sog. De­epfakes. Dazu will man nicht nur Straf­bar­keits­lü­cken schlie­ßen, son­dern auch die Platt­form­be­trei­ber mit neuen Sank­ti­ons­mög­lich­kei­ten in die Pflicht neh­men, straf­ba­re In­hal­te schnell und ef­fek­tiv zu ent­fer­nen. Bei der Ein­zie­hung von Ver­mö­gen un­kla­rer Her­kunft soll zudem künf­tig eine voll­stän­di­ge Be­weis­last­um­kehr gel­ten. Auch eine Exo­ten-Norm soll an­ge­passt wer­den, § 99 StGB für "(g)eheim­dienst­li­che Agen­ten­tä­tig­keit" nun­mehr einen Re­gel­straf­rah­men von sechs Mo­na­ten bis zu zehn Jah­ren Frei­heits­stra­fe an­dro­hen. Um Ter­ror­an­grif­fe bes­ser im Vor­feld ahn­den zu kön­nen, will man die Vor­be­rei­tung einer schwe­ren staats­ge­fähr­den­den Ge­walt­tat (§ 89a StGB) auf An­grif­fe mit Mes­sern oder Fahr­zeu­gen aus­wei­ten.

"Lex Höcke" soll kommen

Und schlie­ß­lich hat es auch die in letz­ter Zeit heiß diskutierte "Lex Höcke" in den Ko­ali­ti­ons­ver­trag ge­schafft: "Im Rah­men der Re­si­li­en­z­stär­kung un­se­rer De­mo­kra­tie" werde man bei mehr­fa­cher Ver­ur­tei­lung wegen Volks­ver­het­zung den Ent­zug des pas­si­ven Wahl­rechts ein­füh­ren, heißt es. Zu­letzt hatte die Ent­schei­dung eines fran­zö­si­schen Ge­richts für viel Auf­re­gung ge­sorgt, das Marine Le Pen im Zuge einer strafrechtlichen Verurteilung dieselbe Sanktion auferlegt hatte. 

Auch straf­pro­zes­su­al wol­len die Par­tei­en staat­li­che Ein­griffs­be­fug­nis­se aus­wei­ten. So sol­len die Straf­ta­ten­ka­ta­lo­ge der §§ 100a ff. StPO für Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung, On­line-Durch­su­chung und Co. wach­sen, auch die au­to­ma­ti­sier­te Ge­sichts­er­ken­nung soll bei schwe­ren Straf­ta­ten zur Iden­ti­fi­zie­rung her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Dazu soll an Kri­mi­na­li­täts­schwer­punk­ten Vi­deo­über­wa­chung ein­ge­führt wer­den.  

Zu guter Letzt: Die Can­na­bis-Le­ga­li­sie­rung bleibt – vor­erst. Im kom­men­den Herbst will die neue Bun­des­re­gie­rung eine Eva­lu­ie­rung des Ge­set­zes durch­füh­ren. Von der Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs­ab­bruchs da­ge­gen ist im Ver­trag nichts zu lesen.

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