Klare Regeln für die Polizei beim Deutschen Bundestag – dies ist Ziel eines Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnisgrünen. Ihr Bundestagspolizeigesetz steht am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.
Die Polizeigewalt der Präsidentin oder des Präsidenten des Parlaments im Gebäude des Bundestages wird durch Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG ("Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus") unmittelbar begründet. SPD und Grünen plädieren für eine erstmalige einfachgesetzliche Ausgestaltung. Ihr vorderstes Argument: Die unmittelbare verfassungsrechtliche Begründung werde durch die starke Fokussierung auf das Gebäude des Parlaments den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Die Befugnisse der Polizei sollen – bezogen auf die örtliche Zuständigkeit – "maßvoll" ausgeweitet, sprich, "die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude" gelockert werden.
Auch soll die gesetzliche Ausgestaltung der Polizeigewalt für mehr Rechtsklarheit sorgen und damit die Rechtsanwendung erleichtern – auch mit Blick auf die Anforderungen des europäischen Datenschutzrechtes. Ebenso legen für die Fraktionen "die gebotene engere Zusammenarbeit der Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie die Anforderungen neuer Gefährdungen eine stärkere Ausdifferenzierung durch Gesetz nahe".
Befugnisse der Polizei sollen erweitert werden
Mit dem Gesetzentwurf soll der Bereich der Gebäude des Parlaments im engeren Sinne auf alle Räumlichkeiten erweitert werden, "in denen der Bundestag, seine Organe und Gremien, die Bundesversammlung oder der Gemeinsame Ausschuss tagen, ohne dass es sich um ein Gebäude handelt, das der Verwaltung des Deutschen Bundestages unterliegt". Dies soll auch für alle Orte gelten, die in einem "untrennbaren zeitlich-räumlichen Zusammenhang" mit Sitzungen des Bundestages, seiner Organe und Gremien stehen. Ein solcher Zusammenhang ist laut Begründung in erster Linie bei Streifengängen rund um die Gebäude des Bundestages gegeben. Zudem soll sich der Begriff der Gebäude des Bundestages auch auf Orte erstrecken, an denen die Präsidentin oder der Präsident eine Veranstaltung durchführt.
Im Bereich der Gefahrenabwehr soll die Polizei außerhalb des Gebäudes des Bundestages dem Gebäude drohende Gefahr abwehren dürfen. "So ist die Polizei beispielsweise auch dann örtlich zuständig, wenn sich ein Schütze außerhalb des Gebäudes des Bundestages befindet, der auf den Eingangsbereich oder die Kuppel des Reichstagsgebäudes schießt", heißt es dazu in der Begründung. Gleiches gelte, "wenn etwa Informationserhebungseingriffe außerhalb der Gebäude des Bundestages erforderlich werden, um eine Gefahr in den Gebäuden des Bundestages abzuwehren".
Der Gesetzentwurf regelt auch Grundsätze der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personen, die Zutritt zu den Gebäuden des Bundestages begehren. Die Polizei soll eine Prognoseentscheidung treffen können, ob von einer Person ein Risiko für die Funktions- oder Arbeitsfähigkeit des Bundestags oder die Sicherheit ausgeht. Die Freiheit des Mandats der Abgeordneten bleibe unberührt: Für Mitglieder des Bundestages, der Bundesregierung und des Bundesrates sowie deren Beauftragte sollen die Regelungen nicht anzuwenden sein. Geregelt werden soll mit dem Gesetzentwurf auch, dass "anlassbezogene Auskunftsersuchen von personenbezogenen Daten der Polizei beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder bei den Landesämtern für Verfassungsschutz zum Zwecke der Zuverlässigkeitsüberprüfung" möglich sind.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Friehe, Extragesetzliche Parlamentspolizei?, DÖV 2016, 521