Passiert auf dem Weg zur Arbeit bei einem Umweg zur Tankstelle ein Unfall, ist dies kein Arbeitsunfall. Laut LSG Baden-Württemberg ändert sich daran auch dann nichts, wenn man erst bei Fahrtantritt feststellt, dass der Bruder den Tank fast leer gefahren und man keine andere Wahl hat.
Eine Azubi wollte mit ihrem Motorrad zu ihrer 18 km entfernten Ausbildungsstätte fahren. Beim Starten des Gefährts musste sie feststellen, dass ihr Tank fast leer gefahren war. Ihr Bruder hatte sich am Vorabend die Maschine ausgeliehen und einiges an Sprit verbraucht. Die Frau musste also zur Tankstelle. Noch bevor sie diese erreichte, wurde sie von einem Pkw zum Ausweichen gezwungen, stürzte und erlitt verschiedene Prellungen, die zu einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit führten. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab.
Die Azubi wollte das nicht akzeptieren. Sie meint, sie habe nichts von dem fast leeren Tank gewusst, die "Tankfahrt" sei für sie unvorhersehbar und nicht vermeidbar gewesen. Das Zurücklegen des Weges, auch des Weges zur Tankstelle, sei eine Vorbereitungshandlung zum Erreichen der Arbeitsstätte.
Tanken ist und bleibt eine privatwirtschaftliche Verrichtung
SG und danach das LSG wiesen die Klage ab (Urteil vom 26.09.2024 - L 10 U 3706/21). Der Unfall habe sich gerade nicht auf dem unmittelbaren Arbeitsweg ereignet, sondern auf dem zur Tankstelle. Beim Tanken handele es sich aber um eine privatwirtschaftliche Verrichtung. Außergewöhnliche Umstände, bei denen ausnahmsweise dennoch die Einbeziehung des Tankens in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung gerechtfertigt sein könnte, lägen nicht vor, insbesondere sei das von der Klägerin vorgebrachte "Leerfahren" des Motorrads durch den Bruder am Unfallvortag nicht als solcher Umstand zu qualifizieren. Die Versicherte habe etwaige Fahrzeugnutzungen innerhalb der Familie in geeigneter Weise zu unterbinden.
Würde man das anders entscheiden, wäre das Ergebnis ungerecht, denn der vorausschauende Versicherte stünde regelmäßig nicht unter dem Schutz der Versicherung, der unaufmerksame aber schon. Nicht vergleichbar sei dieser Sachverhalt mit dem Fall eines Benzindiebstahls, bei dem eine Ausnahme gemacht werde (Urteil vom 26.09.2024 - L 10 U 3706/21).