Wer in einem anderen Mitgliedstaat mit seinem Asylantrag endgültig abgelehnt wurde, kann es nicht einfach im nächsten wieder versuchen, betont der EuGH. Das gehe nur, wenn sich die Umstände geändert hätten.
Das europäische Asylsystem sieht eigentlich vor, dass über einen Antrag nur einmal entschieden wird und diese Entscheidung dann in allen EU-Mitgliedstaaten gilt. Diesen Grundsatz hat der EuGH nun in seiner Antwort auf eine Vorlagefrage des VG Minden bestärkt (Urteil vom 19.12.2024 - C-123/23 und C-202/23).
Das VG musste über die Asylanträge einer staatenlosen Palästinenserin und ihrer beiden minderjährigen Kinder entscheiden, die zuvor bereits in Belgien abgelehnt worden waren. In einem zweiten damit verbundenen Fall ging es um den Antrag eines Libanesen, der bereits in Polen einen Asylantrag gestellt hatte, wo das Verfahren jedoch zwischenzeitlich eingestellt worden war. Nun wollte auch er in Deutschland Schutz erhalten.
Nach Art. 33 Abs. 2 d der EU-Verfahrensrichtlinie 2013/32 kann ein Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig ablehnen, wenn die Person zuvor schon einmal mit einem Asylantrag abgelehnt worden ist und keine neuen Umstände im Hinblick auf den Schutzanspruch ersichtlich sind. Dies gelte nicht nur in demselben Mitliedstaat, sondern auch in anderen EU-Ländern, stellte der EuGH nun klar. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Kontext der Norm ergebe sich, dass ein solcher Folgeantrag nur in demselben Mitgliedstaat unzulässig sei. Dafür müsse aber über den ersten Antrag bereits eine bestandskräftige Entscheidung ergangen sein.
Folgeantrag nur unzulässig, wenn zuvor bereits inhaltlich entschieden
"Der EuGH stellt hier klar, dass ein Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland, der nach der bestandskräftigen Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz in einem anderen voll durch die Rechtsakte des GEAS gebundenen Mitgliedstaat gestellt wird, als Folgeantrag gewertet werden kann und daher als unzulässig abgelehnt werden kann, wenn keine neuen Umstände vorgebracht wurden" erklärt der Migrationsrechtler Constantin Hruschka das Urteil gegenüber beck-aktuell. Dies gelte allerdings nur, wenn das Asylverfahren mit einer Ablehnung - also im Regelfall nach einer inhaltlichen Prüfung - geendet habe.
"Der EuGH schützt mit dieser Entscheidung einerseits das Prinzip, dass grundsätzlich über denselben Asylantrag in den EU-Mitgliedstaaten nur einmal inhaltlich entschieden werden soll und gleichzeitig das Prinzip, dass es ein Recht von asylsuchenden Personen auf eine inhaltliche Prüfung des vorgebrachten Schutzbedarfs gibt, es also nicht möglich sein soll, eine Ablehnung als unzulässig auf frühere Einstellungen des Verfahrens ohne inhaltliche Prüfung zu stützen", so Hruschka (Urteil vom 19.12.2024 - C-123/23).