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Alleinerziehende Mutter mit kleinen Kindern kann nach Italien abgeschoben werden

BVerwG
Eine al­lein­er­zie­hen­de Mut­ter mit einem Grund­schul­kind, die zudem schwan­ger ist, kann nach Ita­li­en ab­ge­scho­ben wer­den. Sie er­war­ten dort keine er­nied­ri­gen­den oder un­mensch­li­chen Le­bens­be­din­gun­gen, die eine Ver­let­zung ihrer Rech­te aus Art. 4 der EU-GrCH zur Folge haben.

Asylanträge dieses Personenkreises in Deutschland nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen, stehe daher im Einklang mit dem Unionsrecht, meint das BVerwG.

Eine Mutter und ihre in Italien geborene, mittlerweile siebenjährige Tochter, beide nigerianische Staatsbürgerinnen, wurden in Italien als international schutzberechtigt anerkannt. Doch sie brachen von Italien Richtung Deutschland auf, wo sie Asyl beantragten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte die Anträge als unzulässig ab und drohte der – mittlerweile wieder schwangeren – Mutter und ihrer Tochter die Abschiebung nach Italien an.

Mutter und Tochter klagten, scheiterten aber bereits vor dem VGH München. Dieser stufte die allgemeine abschiebungsrelevante Lage alleinerziehender Elternteile mit minderjährigen Kindern in Italien nicht als so prekär ein, dass eine Verletzung von Art. 4 GrCH zu erwarten sei. Da dies andere Oberverwaltungsgerichte anders sehen, ließ der VGH München die sogenannte Tatsachenrevision nach § 78 Abs. 8 AsylG zu, die die Nigerianerinnen auch einlegten.

Elementarste Grundbedürfnisse auch in Italien gesichert

Weiter kamen sie damit aber nicht: Das BVerwG bestätigte die allgemeine Lagebeurteilung durch den VGH auf Grundlage der aktuellen Erkenntnislage (Urteil vom 19.12.2024 – 1 C 3.24). Danach sei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Italien zurückkehrende Schutzberechtigte der genannten Gruppe dort in eine extreme materielle Notlage geraten werden, die es ihnen nicht erlaubt, ihre spezifischen elementarsten Grundbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Ernährung und Hygiene zu befriedigen.

Ebenso wie bei der Prüfung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK stellte das BVerwG für die Prognose darauf ab, ob die Rückkehrer in der Lage sind, ihre elementarsten Bedürfnisse über einen absehbaren Zeitraum zu befriedigen. Können die zurückkehrenden international Schutzberechtigten in dem anderen Mitgliedstaat Hilfeleistungen in Anspruch nehmen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Situation innerhalb eines absehbaren Zeitraums ausschließen, könne ein Asylantrag nur dann noch zulässig sein, wenn bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Tatsachenentscheidung davon auszugehen ist, dass den Rückkehrern nach dem Ende der Unterstützungsleistungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verelendung droht.

Zurückkehrende Schutzberechtigte der genannten Gruppe könnten voraussichtlich zunächst für ein Jahr in einer Einrichtung des Zweitaufnahmesystems SAI familien- und kindgerecht untergebracht werden, in der die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse sichergestellt und eine medizinische Grundversorgung gewährleistet ist. Mit Blick auf die in dieser Einrichtung angebotenen Unterstützungsleistungen unter anderem bei der Suche nach einer Unterkunft, einer Arbeitsstelle sowie der Kinderbetreuung hält es das BVerwG für nicht sehr wahrscheinlich, dass der Mutter und ihren Kindern im Anschluss an diese Unterbringung eine Verelendung droht.

Wie das BVerwG mitteilt, sind beim ihm noch weitere Tatsachenrevisionen nach § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG zu Italien anhängig (Urteil vom 19.12.2024 - 1 C 3.24).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

VGH München, unzulässiger Asylantrag von anerkannt Schutzberechtigten (Italien), BeckRS 2024, 6211 (Vorinstanz)

VG Bayreuth, kein Abschiebungsverbot bzgl. Italien, BeckRS 2022, 6676

VGH Kassel, Rückführung anerkannter Flüchtlinge nach Italien, BeckRS 2021, 1059

VG Bremen, Keine Rücküberstellung von Familien mit minderjährigen Kindern nach Italien, BeckRS 2021, 42862

VGH Mannheim, Dublin-Überstellung nach Italien, NJOZ 2020, 112

VG Würzburg, Erfolgreiche Klage eines Kleinstkinds auf Feststellung eines Abschiebungsverbots (Italien), BeckRS 2020, 5588

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