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Keine Empathie für den Wohnungsbau

Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Thomas Schröer, LL.M. (Illinois), Frankfurt a.M.

10/2023

In der Baubranche war die Euphorie groß, als die „Fortschrittskoalition“ Ende 2021 die Ampel auf Grün stellte und nach 20 Jahren wieder ein eigenes Bauministerium schuf. Bis dahin hatten sich die Akteure des Städtebaus als ungeliebtes Anhängsel verschiedener anderer Ministerien in einer ewigen babylonischen Gefangenschaft gesehen. Als besonders unglücklich wurde die Zeit im Haus des früheren Innenministers Horst Seehofer empfunden, der keine Empathie für die Belange des Wohnungsbaus entwickelte und diese nur als Manövriermasse im Dauerzoff der damaligen GroKo ansah. Beispielhaft sei an das unselige Hin und Her bei der Verabschiedung des Baulandmobilisierungsgesetzes (dazu: Breuer, NVwZ 2022, 585) erinnert; vor allem hinsichtlich der damals heiß diskutierten Frage, ob das Umwandlungsverbot für Mietwohnungen (heute § 250 BauGB) Bestandteil der Novelle werden sollte oder nicht (Schröer, NVwZ-Editorial 22/2020). Den offensichtlichen Befund, dass das Aufteilungsverbot nichts zur Schaffung von Bauland beitragen kann, ignorierte das Ministerium am Ende schlicht. Angesichts dieser Vorgeschichte erschien die wiedergewonnene Selbstständigkeit des Bauministeriums wie ein Befreiungsschlag. Viele in der Branche hofften gar auf eine „Bauwende“; zumal im Koalitionsvertrag der Ampel (S. 88) mit jährlich 400.000 Neubauwohnungen ein ambitioniertes Ziel ausgerufen wurde.

Einige Monate später fällt die Leistungsbilanz des von Klara Geywitz geführten Ministeriums ernüchternd aus (treffend: Alexander, Dieses Haus braucht niemand, FAZ, 28.1. 2023, S. 9). Erst fehlte das Glück: Die Bemühungen des Ministeriums, durch eine eilige Gesetzesnovelle die weitreichenden Folgen der Entscheidung des 4. Senats zum kommunalen Vorkaufsrecht (NVwZ 2022, 75) zu „reparieren“ und die alten Verhältnisse wieder herzustellen, scheiterten am (bislang) entschlossenen Widerstand der FDP (Schröer, NVwZ-Editorial 13/2022). Dann kam auch noch Pech dazu: Der Krieg in der Ukraine, die galoppierenden Baukosten sowie die abrupte Zins- und Förderwende erzwangen eine Vollbremsung des Wohnungsneubaus (Schröer, Deutscher Neubau im freien Fall, FAZ, 10.2.2023, S. 21). Doch die Ministerin hielt in der öffentlichen Diskussion viel zu lange am illusorisch gewordenen Ziel von 400.000 neuen Wohnungen fest. Die zuletzt kommunizierte Botschaft, durch mehr Digitalisierung und serielles Bauen könne die magische Marke 2025 erreicht werden, wird in der Branche angesichts von nur etwas mehr als 250.000 fertiggestellten Einheiten im vergangenen Jahr als Realitätsverweigerung angesehen; zumal dann schon die nächste Bundestagswahl ansteht. Noch weniger hilft es im aktuellen Umfeld, in dem viele Bauträger wirtschaftlich mit dem Überleben kämpfen, der Branche die Schuld an der Misere zu geben und ihr vorzuwerfen, zu viele Luxuswohnungen zu bauen, die am Bedarf vorbeigingen (dazu: Anger/Kersting, Der große Baustopp, Handelsblatt, 10.2.2023, S. 46). So fällt es selbst Optimisten schwer, hier noch auf Realitätssinn und Besserung zu hoffen. Frei nach dem französischen Staatsphilosophen Montesquieu (1689–1755) muss man leider feststellen, dass ein nicht zwingend erforderliches Ministerium zwingend nicht erforderlich ist.

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